MAK

Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 4 und 5)

jedes Haus seinen Platz auszufüllen, dessen Art und Lage die Dispo- 
sitionen bedingen. Einfachheit und Breite der Behandlung, eine 
natürliche, bequeme Folge der Wohnräume, Verschiedenheit des 
Ausmasses und Anblickes derselben charakterisiren den Bau, 
und derselbe Wunsch, den Gedanken des Heims zum Ausdruck 
zu bringen, den wir am Äussern des Hauses erkennen, beherrscht 
auch das Innere. Der Kamin, der „heimische Herd", dem man 
fast abergläubische Verehrung zollt, hat in jedem Gemache eine 
bevorzugte Stellung. Die Halle, der Versammlungsraum für die 
Familie, kennzeichnet auch heute noch das englische Wohnhaus. 
Jeder Raum ist seinem Zweck entsprechend ausgestattet - ernst, 
heiter oder lieblich und die Kunst eines William Morris bietet uns viel 
des Schönen, um Wände und Fussboden der Gelasse zu bedecken. 
Dass der Architekt, nachdem er für sein Object die günstigste 
Lage gefunden, alles aufbieten wird, um selbes in einen passenden 
Garten zu stellen, der ja den Reiz des Baues um vieles zu erhöhen 
vermag, bedarf nicht der Erwähnung. 
Die Verhältnisse unserer Zeit haben, wie dargethan, die Archi- 
tektur zu einer individuellen Kunst gemacht und so in gewissem Sinne 
einen bestimmten Typus oder Stil von Wohnhäusern gezeitigt, der 
sein specielles Interesse hat. Man hat bei diesem vor allem unsere 
heutigen Verhältnisse in Betracht gezogen und nach Massgabe 
derselben den Regeln der Baukunst Rechnung getragen, jede 
Aufgabe für sich in einfacher Weise zu lösen getrachtet, passende, 
ungesuchte Formen und geeignetes Material verwendet und so des 
Architekten Individualität und Absichten in dem Werke zum Ausdruck 
gebracht. 
Einfachheit scheint uns Erfordernis. Nicht, dass wir dem 
Ornament in der Architektur die Berechtigung versagen wollten; 
soll dieses aber befriedigen und den Bau verschönern, so soll es 
unserer Meinung nach klar und deutlich die selbständige Leistung 
des Handwerkers zeigen. Es muss den Charakter der Spontaneität an 
sich tragen wie etwa, wenn der Arbeiter leichten Sinnes und mit 
allem Aufwande seines Geschickes, von der Natur selber inspirirt, 
durch den Zauber seines Handgriffes all die prächtigen Formen ins 
Leben gerufen hätte, die das Entzücken seines Auges bilden und 
nichts mit der Leistung eines sauren Arbeitstages gemein haben. 
Die moderne Schnitzarbeit lässt allzusehr den Stift des Zeichners 
erkennen, nicht minder die Anstrengung des mechanischen Arbeiters. 
Die Ausführung lässt vergeudete Arbeit errathen und wirkt darum 
weder wohlthuend noch verschönernd. Nicht oft genug kann wieder-
	        
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