Erreichte in die Schanze schlug und die Schönheit auf einem Gebiete
suchte, wo sie bishin niemand gesucht hatte, dass er einen ganz neuen
Weg betrat, auf dem ihn keinerlei Ermuthigung oder Sympathie
begleitete. Bewunderungswürdig ist die unbeugsame Energie, mit der er
das einmal gesteckte Ziel verfolgte, bis der volle Erfolg sich an seine
Sohlen heftete. Selten wird man einen so tiefen Eindruck empfangen,
wie in dem Saale der 1897er Ausstellung in Dresden, in der mehr als
sechzig Bilder und Bildwerke das gesammte, einzig der Schilderung
der Arbeit gewidmete Werk Meuniers darboten. Es war einzig und
unvergesslich. Wie unheimlich wirkten diese Landschaftsbilder in der
Melancholie ihres stumpfen Grau und Grün, mit den rauchenden
Essen, den öden Schlackenhaufen, den finsteren, phantastisch auf-
ragenden Gerüsten, mit dem Feuerschein der Hochöfen, dem Getriebe
der Hämmer und Räder! Und wie ernst und grossartig wirkten ander-
seits diese Männer der Arbeit, die Meunier vor unsere Augen hinge-
stellt hatte! Denken wir an Zolas „Germinal" zurück, ein Buch, das
sicherlich jeder mit tiefer Erschütterung aus der Hand gelegt hat, ein
Buch, das auch die Zeiten überdauern wird, wie der Don Quixote
oder der Simplicissimus. Trostlose Wirklichkeit ohne einen Strahl der
Hoffnung! Wie anders Meunier! Er sah nicht nur den trüben Stumpf-
sinn, den Hunger, das Elend, die Gier, den Rachedurst, den wilden
Kampf, die Bestie im Menschen. Er sah auch im Arbeiter die
plastische Schönheit, er sah das Erhabene in dem mühseligen Kampf
der Menschenhand gegen die Naturgewalten, in der gewaltigen
Bethätigung der Menschenkraft im Dienste der Industrie. Er sah auch
in diesen niedrigen Menschen noch den Funken der Göttlichkeit;
tiefstes Mitleid führte seine Hand, als er sie nachbildete, echte
Menschenliebe, die Hochachtung, die auch dem Geringsten gebürt,
und der künstlerische Blick, der zum Innersten vorzudringen vermag,
mag auch die Schale noch so unscheinbar oder gar widerwärtig sein.
So treten uns in Meuniers plastischen Gestalten der Arbeiter wahre
Helden der Arbeit entgegen und eine wahrhaft antike Grösse beseelt sie.
Nicht als ob Meunier den Charakter seiner Modelle verändert,
verfälscht hätte; nein, er hat nur den Kern aus dem Unwesentlichen
herausgeschält; er hat alles Kleinliche, alles Anekdotenhafte abge-
streift; er vereinfacht die Wirklichkeit, er steigert sie zur Grösse,
erhebt sie zum Typus. Fast bei jedem seiner Bildwerke muss man an
das aristotelische Idealstandbild denken. Aber diese Typik fällt
nirgends ins Conventionelle und Schablonenhafte. Für jede Gattung
der verschiedenartigen Arbeiter hat Meunier, indem er die wesent-
lichen Züge zusammenfasste, den besonderen Typus ersehen, aus