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faltigkeit. Sie sind meist aus massivem Eichenholz gefertigt, als
Lehne dienen Eichenpanneaux mit oder ohne Wappenzier, mit
geschnitzter und gegiebelter Spitze, manchmal mit seitlichen Fort-
sätzen, sehr ungeschickt zum Gebrauche und, wenn nicht durch eine
Anzahl Pölster weicher gemacht, weit entfernt von dem, was wir
bequem nennen würden. Leichtere Stühle wurden mit hochlehnigen
Rahmen gemacht, auf der Drehbank hergestellt, durch Erhitzen
in heissem Wasser wurden die beiden vorderen Füsse gebogen,
mitunter auch geschnitzt. Stühle mit geflochtenen Sitzen und Lehnen
tauchen um diese Zeit auf, wie sie sich bis zum heutigen Tag
erhalten haben.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN 50
VON LUDWIG HEVESI-WIEN 51b
DIE JUBILÄUMS-AUSSTELLUNG IM PRATER. Die Rotunde
und ihre Umgebungen sind wieder einmal der Schauplatz einer gross ange-
legten Ausstellung, welche die Cultur unserer Zeit in einem reichhaltigen Auszug
darzustellen hat. Das ist die Cultur, welche das Ergebnis der Regierung Kaiser
Franz Josephs I. ist und Österreich zum modernen Staate gemacht hat. Die Aus-
stellung steht unter der Protection Seiner k. und k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Otto
und bedeckt einen Flächenraum von rund 2 50.000 Quadratmeter, mit r 7a grösseren
und kleineren Baulichkeiten und weitläufigen Parkanlagen. Sie ist überaus lehr-
reich, und damit sie dies in recht mannigfaltiger und praktischer Weise sei,
sind sogar ganz specielle Anlagen geschaffen, wie das populär-wissenschaftliche
Urania-Theater und die Wohlfahrtsausstellung, die zu den lohnendsten Ideen
der Veranstalter gehört. Wir haben es hier natürlich bloss mit der - wenn man
so sagen darf - ausstellungstechnischen Seite der Ausstellung zu thun und auch
mit dieser nur unter dem künstlerischen Gesichtspunkte. Da heisst es denn, aus
den jetzigen Erfahrungen zu lernen, damit das Lehrgeld, das ja bei der patriotischen
Opferlust aller Betheiligten reichlich gezahlt wurde, nicht weggeworfen sei. Der
Grundfehler der Ausstellung ist ohne Zweifel der, dass sie anfangs in viel kleinerem
Masstabe geplant wurde, da alle Kräfte sieh für die Pariser Weltausstellung des
Jahres xgoo aufsparen wollten. Dann, als es dem niederösterreichischen Gewerbe-
vereine gelungen war, durchzusetzen, dass die Wiener Ausstellung den Charakter
einer Jubiläums-Ausstellung erhalte, griff alles plötzlich zu den grössten Mass-
stäben und in löblichem Wetteifer wollte jeder so grossartig als möglich auftreten.
Dazu aber war die Zeit zu kurz, das meiste konnte nur Stegreifarbeit werden, zu
künstlerischer Durchbildung kam es selten. Selbst Bauten von vortrefflicher Anlage
leiden oft an störenden Detailgebrechen. Schon die Gruppirung der Gebäude ist
nicht die günstigste. Die grossen Prachtbauten sind unmittelbar an die Rotunde
gestellt, deren Masse sie natürlich erdrückt, während gegen die Peripherie hin die
Bauten immer kleiner werden, so dass die Avenuen förmlich im Sande verlaufen.
Gerade das umgekehrte Verfahren wäre das richtige gewesen; die kleinen Bauten