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Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 7)

nur zu leicht zu geistloser und daher unleidlicher Nachahmung 
verführen könne. Abgesehen davon, dass jede Übertreibung, wie wir 
dies während der letzten Jahrzehnte genugsam gesehen haben, sich 
selbst berichtigt, ist namentlich darauf hinzuweisen, dass es sich nicht 
um den japanischen Stil als solchen handelt, der eben stets ein asiati- 
scher bleiben wird und nie zu einem europäischen werden kann, 
sondern um Stil überhaupt, der in den Erzeugnissen dieses Volkes 
eben so deutlich zu Tage tritt wie in denen unserer eigenen Vergan- 
genheit, mögen sie nun dem Mittelalter oder dem Alterthum angehören. 
Während aber unser Blick den letztgenannten Werken gegenüber 
theils getrübt theils befangen ist, kann vielleicht gehofft werden, dass 
das, worauf es ankommt, aus den Werken dieses fremden Volkes, 
in denen es besonders deutlich ausgeprägt ist, klarer hervorspringen 
werde als aus jenen. 
Nachahmung ist - trotz Lenbach und Sir Joshua Reynolds 4 stets 
das sicherste Mittel gewesen, um den Weg zur Kunst zu verfehlen, 
und in den Sumpf des Manierismus zu gerathen. Gerade die Japaner 
lehren nun aufs klarste, worin das Mittel besteht, um eine auf der 
Überlieferung beruhende, also stilistische Kunst lebenskräftig zu 
erhalten. So schulmässig sie auch alle als Maler ausgebildet waren, den 
Inhalt seiner Kunst hat ein jeder ihrer Meister sich in angestrengtem 
Studium und in unausgesetzter Beobachtung stets wieder neu aus der 
Natur geschöpft. Diese Freiheit haben sie sich durchweg bewahrt. 
Dadurch allein haben sie sich vor dem Schematismus geschützt und 
ihren Werken jenen Reiz des Individuellen, Eigenartigen, stets Neuen 
verliehen, der einen so hervorstechenden Zug der japanischen Kunst 
bildet. Manieristisch wurde diese erst in unserem Jahrhundert, als es 
mit ihr bergab zu gehen anfing. In der guten älteren Zeit aber sind dort 
Erscheinungen, wie unsere Classicisten, die gleich Akrobaten mit 
angelernten leeren Formen wirtschaften, um jeden beliebigen Inhalt 
zu einem halbwegs hieroglyphischen Ausdruck zu bringen, ebenso 
wenig anzutreffen wie unsere Symbolisten, denen eine decorative 
Form und eine wirkungsvolle Farbe schon ausreichend erscheinen, 
um Gedanken, denen oft gar keine Anschauung zugrunde liegt, 
auszudrücken. ' 
Nach beiden Richtungen nun, welche die japanische Kunst aus- 
zeichnen, nach der stilistischen sowohl wie nach der impressionisti- 
schen, also unmittelbar aus der Natur schöpfenden, begegnen diese 
Werke gerade unseren eigenen Bestrebungen. 
Auf dem Gebiete der reinen wie dem der angewandten Kunst 
suchen wir einerseits von dem Schablonenthum loszukommen, können
	        
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