DIE BEDEUTUNG DES JAEANISCHEN
FARBENHOLZSCHNITTS FUR UNSERE
v. SEIDL ITZ-DRESDEN S!-
EITDEM der japanische Farbenholzschnitt
in Europa bekannt ist, also seit etwa
drei Jahrzehnten, hat er bereits eine Reihe
ganz verschiedenartiger Wertschätzun-
gen erfahren. Anfangs waren es die Künst-
ler, und zwar gerade die Begründer der
modernen Malerei, wie Manet, Degas,
VVhistler, die sich an der lichten Farbigkeit
und dem feinen Umriss dieser Blätter
begeisterten. Der Gewinn, den sie für
die Ausbildung ihres Geschmacks daraus
gezogen haben, ist inzwischen zum Gemeingut der europäischen Kunst
geworden.
Um die Zeit der Wiener Weltausstellung gelangten weiterhin die
billigen Neudrucke der Werke I-Iokusais, dann zahlreiche Darstellungen
von Blumen und Vögeln, sowie stark karikirte Schauspielerbildnisse
massenhaft auf den Markt. Dadurch gewann die japanische Kunst,
deren zierliche Industrie-Erzeugnisse bereits vorher eine weite Ver-
breitung gefunden hatten, bedeutend an Popularität: unseren Künstlern
aber, die damals gerade ganz in naturalistischen Studien aufzugeben i
begannen, vermochte diese vorwiegend stilisirende Kunst nur wenig
Anregung zu bieten.
Dafür nahmen sich ihrer aber die Sammler und Forscher in
höherem Masse als bisher an. Allmählich gelang es ihnen auch,
einen Überblick über die Entwickelung des Farbenholzschnitts zu
gewinnen: die Hauptepochen konnten aus denen der Vorbereitung
wie der Entartung herausgehoben werden, die Werke der führenden
Meister sonderten sich von denen der übrigen ab."
Gingen infolge dessen die Preise der guten Blätter auch unglaub-
lich empor, so wurde dieser Übelstand dadurch wieder einigermassen
gutgemacht, dass nun auch die öffentlichen Sammlungen, namentlich
das Britische Museum in London, ihr Interesse diesen Kunsterzeug-
' Ausführlich behandelt der Verfasser das Thema in seiner unllngst bei G. Kühtmsnn in
Dresden erschienenen, mit 95 priichügen Abbildungen geschmückten „Geschichte des jlplllißübßll
Farbenholzschnitts" (Gross 8', XVI. 220 S., Preis M. x8.-). Wir verweisen unsere Leser gerne auf
das ausgezeichnete Werk, das so vorzüglich geeignet ist, unsere bisherige Kenntnis des japanischen
Formschnitts zu erweitern und zu vertiefen. Die Red.