ITTELALTERLICHER WANDTEPPICH. Zum erstenmale
gelangte der auf unsererLichtdrucktafel abgebildete, unlängst von dem Öster-
reichischen Museum erworbene Wandteppich, der dem Ende des XlV., spätestens
dem Anfange des XV. Jahrhunderts entstammt, in der retrospectiven Abtheilung
der Prager Industrieausstellung des Jahres 189i an die Öffentlichkeit; kurze Zeit
vorher erst war er im Schlosse Millischau, einem Besitze des Grafen Hans
Ledebur, aufgefunden worden. Der auHallend lange Behang diente vermuthlich
zur Füllung eines Frieses über der Wandvertäfelung eines Saales und kann als
ein Hauptvertreter einer kleinen, aber sehr interessanten Gruppe oberdeutscher
Textilarbeiten angesehen werden, die alle dem genannten Zeitraum entstamrnend,
bereits in der späteren l-Iautelisse-Technik gearbeitet sind und sich durch die
eigenthümliche Phantastik ihres Inhaltes auszeichnen. Besonders fallen bei
einzelnen dieser Stücke die wilden oder Waldrnänner auf, die in der Vorstellung
der damaligen Zeit eine ähnliche Rolle spielten, wie das Schäferleben in den
höiischen Kreisen des XVII. und XVIII. Jahrhunderts. Ein kleinerer Rücklaken,
der solche wilde Männer in allegorisch-phantastischer Handlung darstellt, gehört
bereits zum älteren Bestande des Museums. Das neuerworbene Stück weicht aber
dadurch von allen andern der bezeichneten Gruppe ab, dass hier keine Allegorie
oder scherzhafte Handlung dargestellt ist, sondern die wilden Männer die
gewöhnlichen Arbeiten des Feldes rnit den üblichen Geräthen und mit Pferd und
Ochs vornehmen. Wir scheinen hier also thatsächlich eine vornehme Gesellschaft
vor uns zu haben, die sich unter der Maske des Waldmannes und der Waldfrau
denselben ländlich-harmlosen Thätigkeiten hingibt, wie Jahrhunderte später im
Kleide des Schäfers. Die verschiedenen Beschäftigungen werden durch Verse
erklärt, die im Katalog der genannten Ausstellung abgedruckt sind. Eine aus-
fuhrliche Würdigung dieses Wandteppichs im Zusammenhange mit den übrigen
Stücken der angeführten Gruppe bietet ein Aufsatz von J. von Falke in den Mit-
theilungen des k. k. Osterteichischen Museums, N. F. Nr. 78.
ESUCH DES MÜSEUMS. Die Sammlungen des Museums wurden im
Monat August von 3722, die Bibliothek von 74g Personen besucht.
UNSTGEWERBESCHULE. Mit der Unterrichtsertheilung im tech-
nischen Zeichnen an der Kunstgewerbeschule des k. k. Österreichischen
Museums wurde bis auf Weiteres der Professor an der k. k. Staatsgewerbeschule
im I. Wiener Gemeindebezirke julius Kajetan und mit der Unterrichtsertheilung
in der Kunstgeschichte für das Schuljahr xßgßjgg der Vicedirector des k. k. Öster-
reichischen Museums Dr. Eduard Leisching betraut.