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hinein gekommen. Er scheint
sie der Aufbewahrung nicht
für wert gehalten zu haben.
Nur seine Skizzenbiicher
beweisen, dass er in allen
Perioden und Lagen seines
Lebens Caricaturen zeichnete.
So müssen wir denn die
wenigen erhaltenen Stücke
zusammentragen, um diese
Seite von Rethels Thätigkeit
uns vor Augen zu stellen.
So viel geht auch aus Rethels
historischen Werken hervor,
dass Humor und Satyre ihm
in hohem Masse zu Gebote
standen, und dass vor den
trockenen Schöpfungen von
Schnorr und Bendemann die-
jenigen Rethels sich dadurch
vortheilhaft auszeichnen und
Caricatur des Malers Preyer (Aachen, Mus.) heute lebendig erhielten.
Sein scharfer Blick für das
Charakteristische der Situation, das Drastische des Ausdrucks, seine
ausserordentliche Beobachtungsgabe, die es ihm gestattete, vonjugend
auf ganze Scenen und Erlebnisse aus der Erinnerung so naturwahr zu
zeichnen, als ob er Skizzen nach der Natur angefertigt hätte, drängten
ihn ja unwillkürlich zur Caricatur. Man darf nicht vergessen, dass sein
vielleicht grösstes Werk, der Todtentanz, einen so mächtigen Eindruck
zum Theil deshalb hervorgebracht hat, weil trotz des grossen histo-
' rischen und monumentalen Stils sich doch ein urgesunder Blick für die
Wahrheit und vor allem eine scharf satyrische Gabe äusserte, die in
dieser Mischung des Erhabenen, Grausigen und Lächerlichen lebendig
und packend wirkt. Aber auch in anderen seiner Arbeiten wird
man diesen Sinn für das Komische und Caril-rirte belebend durch-
leuchten sehen. So in historischen Entwürfen, wie etwa der Dar-
stellung „Wenzel des Faulen", oder in dem humorvollen kleinen
Entwurfe des Kampfes der Künste und Wissenschaften, wo Putti als
Vertreter derselben einander heftig bekriegen, während die Genien
der Kunst und Wissenschaft behaglich lächelnd auf diese Scene herab-
blicken. Ausgesprochen satyrisch ist jenes Neujahrsblatt, das er in