Die Zündwaaren und Explofivfto.Te.
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Seite Vorfchläge gemacht worden waren, die vornehmlich durch feine Auffige
Form bedingten Uebelftände des Sprengöles durch Vermifchen desfelben mit Sand
zu befeitigen und weiters auch H. Wurtz fich bemüht hatte, durch Beimifchung von
Kitraten desKalciums, Magnefiums oder Zinks dem Nitroglycerin für die Zeit der
Aufbewahrung oder des Transportes feine Explofibilität zu benehmen (ein Zweck,
den Ch. Seely durch Zufatz von alkalifchen Sübftanzen zu erreichen fuchtej, mit
der Ankündigung eines neuen Sprengmittels hervor, das lediglich eine neue
Geftalt feines Sprengöles war. Diefer neue Sprengftoff, der den Namen Patent-
Pulverdynamit“ führte, war in Wefenheit eine mit Nitroglycerin gefättigte, lockere
Infuforienerde (Kiefelguhr),die allein dem Nitroglycerin-Gehalte ihre Sprengkraft
verdankte, während die Infuforienerde nur die Rolle des Auffaugungsftoffes für
das flüffige Sprengmittel zu fpielen hatte. Die Vorzüge, welche Nobel diefem
neuen Nitroglycerin-Präparate nachrühmte, als: faft vollftändige Gefahilofigkeit,
Unfchädlichkeit der Explofionsgafe bei Abwefenheit von Rauch, gleiche Wirkung
mit dem Sprengöle bei sopercentiger Erfparnifs gegenüber dem Schwarzpulver,
Anwendbarkeit in naffen Bohrlöchern etc., waren, wie begreiflich, ganz geeignet,
die Aufmerkfamkeit der Welt auf diefes neue Sprengmittel zu lenken. Es fehlte
nicht an Verfuchen, die über die Anwendbarkeit diefer weniger gefährlichen
Form des Nitroglycerins angeftellt wurden, und das Ergebnifs derfelben war
ein überwiegend fo günftiges, dafs man fich allenthalben zur Einführung diefes fo
vortheilhaften Explofivftoffes entfchlofs.
Kaum ein Jahr fpäter war Nobel’s Dynamit fchon ein fehr gefuchtes
Sprengmittel und ein Beweis für die Rafchheit, mit welcher fich dasfelbe Eingang
in die°Praxis verfchafft hat, liegt darin, dafs bis Mitte des Jahres 1868 bereits
über 1000 Centner Dynamit verkauft waren, ohne dafs dabei alle Beftellungen
hätten effe&uirt werden können.
An Vorfchlägen anderer Art, das Nitroglycerin mit möglichfter Vermeidung
grölserer Gefahr dem Dienfte der Sprengtechnik zu erhalten, hat es übrigens auch
fpäter nicht gefehlt.
So empfahl E. Kopp, von der Anficht ausgehend, dafs wefentlich der
Transport und die längere Aufbewahrung des der Selbftzerfetzung fähigen Nitro
glycerins zur Quelle gefährlicher Explofionen werden können, die Herftellung
des jedesmaligen Bedarfes an Nitroglycerin an Ort und Stelle, und fchlug zu
diefem Ende eine einfache und im Kleinen ganz gut durchführbare Methode der
Nitroglycerinbereitung vor. A. E. Rudberg, welcher mit Rückficht auf die bei der
Nitroglycerinfabrication felbfl eintretende Möglichkeit einer Explofion einen
automatifch und continuirlich wirkenden Apparat zur fabriksmäfsigen Erzeugung
grofser Quantitäten von Sprengöl conftrujrt hatte, empfahl 1868 den Zufatz
geringer Mengen von Benzol, Nitrobenzol und ähnlichen Stoffen zum Nitro
glycerin, um demfelben die für den Transport und die Hantirung befonders
gefährliche Eigenfchaft, bei Temparaturen unter acht Grad Celfius theilweife
erftarren zu können, zu benehmen.
Solchen Vorfchlägen, die beffer gemeint als für die grofse Praxis geeignet
waren und nimmermehr dem Nitroglycerin zu der Bedeutung verholfen haben
würden, die es heute in Geftalt des Dynamit hat, folgten in Nachahmung der
Nobel’fchen Idee, das Nitroglycerin durch Beimifchung eines dasfelbe auf-
faugenden feften Stoffes in die zweifellos weniger gefährliche und zudem
handlichere Form des Dynamit zu bringen, bald andere in nicht gerin-
ge So fchlug Horsley zu Cheltenham (1869), offenbar in falfcher Auffaffung
der Rolle des Kiefelguhr im Dynamit, die Anwendung von gepulvertem Alaun
oder Bitterfalz als Auffaugungsftoffen für Nitroglycerin vor, während im (eiben
Tahre W. Sheam das, feiner Zeit von Ed. Schultze & Comp, in Potsdam dargeftellte
weifse Pulver (nitrirtes und falpetrifirtes Holzpulver) mit 10 bis 16 Percent
Nitroglycerin befeuchtet als wirkfames Sprengmittel empfahl.