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Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 11 und 12)

bringen ist, und wahrscheinlich aus Gran, vielleicht auch aus Kloster- 
neuburg stammt. Das Werk ist italienisch. Die gewundenen Säulchen, 
die Zinnen, die Kohlblätter der Umrahmung lassen die Reinheit und 
den Reiz der Composition trefflich hervortreten: Die zwischen Engeln 
thronende Jungfrau, die Verkündigung, die Heimsuchung, die Geburt 
Christi, die Darbringung im Tempel, Christus unter den Schrift- 
gelehrten. Molinier ist nicht abgeneigt, diesen Gegenstand den Werken 
des Benedetto da Majano zuzugesellen, der nach Vasari's Zeugnis für 
Matthias Corvinus Kästchen in Marqueterie ausführte." 
Matthias war wahrscheinlich einer der ersten Herrscher, die zu 
seiner Zeit die wunderbaren Erzeugnisse der italienischen Keramik, 
die Majoliken aus Faenza und den umliegenden Orten zu schätzen 
wussten. Mehrere Stücke, Schüsseln, die zu dem zwischen 1480 
und 1481 in Forli bestellten Service gehörten, sind uns erhalten 
geblieben: zwei befinden sich im South Kensington-Museum, ein 
weiteres in der Sammlung Charles Mannheim in Paris. Das königliche 
Wappen Ungarns, Muschel- und Rollwerk u. s. w. bilden ihre Ver- 
zierung. Eine der Londoner Schüsseln zeigt in der Mitte Kinder, die 
Früchte von einem Baume pflücken; auf der in Paris befindlichen 
Schüssel ist das Mittelstück von einer sitzenden weiblichen Figur, die 
eine Hirschkuh liebkost, eingenommen." 
Die werthvolle Sammlung im I-Iötel Gaillard auf der Place 
Malesherbes in Paris enthält eine herrliche Schüssel von 46 cm 
Durchmesser, deren Beschreibung ich Herrn Octave Join Lambert, 
Mitgliede der Ecole francaise in Rom verdanke. Die Decoration ist 
rein ornamental; sie setzt sich aus Muschelwerk, Palmetten, Zweigen 
und verschiedenen anderen Motiven zusammen, dabei ein doppelter 
Wappenschild mit der Königskrone, geziert mit einem Raben, 
steigenden Löwen etc. Die Farbengebung ist ebenso verständnisvoll 
als harmonisch. Bald ist ein ockergelber Grund mit Blau umzogen, 
bald Weiss mit Blau belebt oder auch ein grünliches Blau mit 
Manganbraun abwechselnd. 
Diese aus einem grossen Schiffbruch geretteten Überbleibsel 
verkünden, dass Matthias Corvinus nicht etwa von banaler Pracht- 
liebe erfüllt war, sondern dass er den feinsten Geschmack besass, die 
durchdringendste Vorstellungskraft, Fähigkeiten und Kenntnisse, die 
mit jenen des Florentiners Lorenzo il magnifico und des Mailänders 
Lodovico Moro, dieser klarsehenden Beurtheiler zu vergleichen 
waren. Der Graner Calvarienberg, das Triptychon des Louvre und 
' Muse": national du Louvre: Catalogue des Jvoires. 
"' Abgebildet in der Gazette des Beaux-Arts, 1895, t. 1., p. x21.
	        
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