(Erzherzog Ferdinand Karl), deren biedere Unbeholfenheit und vorstadttheater-
massige Romantik heute in ganz köstlicher Überlebtheit, weil naiver Zeitechtheit,
erscheinen. Wie eine Insel der Blinden erscheint dagegen in all dem farbigen
Rundherum die Cartonzeichnerei der folgenden Periode. Und dennoch sickert
unter diesem grauen Geröll mancher lebendige Wasserfaden, nach dem man
aber mit Liebe schürfen muss. Die Zeichnungen Führich's wird auch die Zukunft
mit Vergnügen sehen; sind doch z. B. die Wendeliniana des hohen Siebzigers,
die er in seiner Begeisterung über Schwind's „Melusine" (gleichfalls ausgestellt)
ganz auswendig aus dem Ärmel schüttelte, ein Naturwunder. Am schlechtesten
bestehen noch die grossen historischen „Maschinen" der Engerth, Ruben,
Wurzinger, wobei immerhin bei dem letzteren der Drang, aus der Enge heraus-
zukornmen, und der Griff nach der Farbe anzuerkennen ist. Die Grossmaler der
ersten Stadterweiterungszeit haben auch etwas Organisches, der Geist Rahls ist
breit in der Wiener Luft liegen geblieben, wie eine Wolke, zum Durchbrechen
durch spätere Lichtblicke. Schade, dass so gar Niemand da war, um auf seine
starken Schultern zu steigen; er hatte so viel Schule und so wenig Nachwuchs.
Die farbige Zeit, die an ihm vorbei und über ihn weg hereinbrach, ist in der Aus-
stellung durch ihre Hauptmeister vertreten. Wir brauchen nur ein paar Namen
zu nennen, um die I-leldenzeit der Wiener Farbe wachzurufen: Makart, Canon,
Matejko, Czermak, Huber, Schönn. Ihr Gesammtbild ist und bleibt imposant. Die
Farbe um der Farbe willen hat diesseits des Rheins nirgends so grosse Triumphe
erlebt. Das Wort „Makartzeiw bleibt eine unverrückbare Quader in der Kunst-
geschichte. Ihr „Farbenrausch" ist sogar ein wienerischer Begriff geblieben; Paris
hat den seinigen schon in der Delacroixzeit erlebt, aber seither (trotz Henri
Regnault) gründlich ausgeschlafen. Woran diese grosse Epoche leidet, das ist der
Weg, den sie gegangen ist. Durch die Kunstsammlungen, statt durch die Natur.
Das liegt wiederum in den allgemeinen Zusammenhängen. Auch das Kunstgewerbe
bildete damals in der Hauptsache eine Renaissance der Renaissance. Es war
kostümirt, wie alles andere. Die Kunst hat dies längst überwunden, das Kunst-
gewerbe wird es wohl demnächst überwunden haben. Die ortswüchsige wiene-
rische Natur-frische gieng an dieser hochpathetischen Farbenwelt, an diesem
ganzen decorativen Prachtsystem vorbei. Sie musste einen grossen Umweg
machen, um von Waldmüller zu Pettenkofen zu gelangen. Verschiedene Bilder
Waldmüllers sind direct Vorläufer der zweiten Manier Pettenkofens, der Dar-
stellung von dynamischer Sonnenwärrne mit den entsprechenden lichtgetränkten
Schattenmassen. Braucht man an diese Innenräume beider zu erinnern? Jener
Umweg ging bekanntlich über Ungarn und Egypten. Die Theiss und der Nil mit
ihrer weichen Tieflandluft und ihren goldig emaillirten Himmeln wurden fürPetten-
kofen und Leopold Müller unversiegliche Licht- und Wärmequellen. Das war die
nicht kostümixte Natur, deren Siegesgang namentlich in den drei Pettenkofen-
zimmern stattfindet. Alle fünf Manieren Pettenkofens hängen da wieder neben
einander, von jenem unglaublich feinen „russischen Bivouak an der Theiss" an-
gefangen, das ein Juwel seines ersten grauen Kolorismus bleibt. In den Aus-
stellungen seines Nachlasses und der Sammlung Lobmeyr war der Überblick
noch reichhaltiger, aber man wird auch für den jetzigen dankbar sein dürfen.
Unter den Specialitäten dieses Zeitraumes fallen einige Aquarellblätter von Anton
Romako auf; sie zeigen auch ihn als einen starken Secessionisten, der leider theils
an sich selber, theils an Anderen zugrunde ging. Auch für ihn ist diese kleine