ANTIKE GLÄSER MIT FADENVER-
ZIERUNG 39 VON A. KISA-AACHEN 50'
AS Glas in dünnen Fäden, Streifen, Stäbchen
auszuziehen, ist ein leichtes, von alters-
her geübtes Experiment. Seine früheste
Nutzanwendung fand es in ägyptischen
Werkstätten, wo die Stäbchen zerhackt
und gelocht, die einzelnen Stücke zu
Perlenketten aufgereiht wurden; auf
grössere Perlen legte man Glasfäden
verschiedener Farbe in verschiedenen
Mustern, in Bandstreifen, Rauten, Zick-
9: zack, Wellen, Spiralen auf und drückte
sie durch Walzen ein. Aus Fäden, Streifen und Stäbchen farbigen
Glases sind die Bündel zusammengesetzt, die zur Herstellung kost-
barer Mosaik- und Millefiorigläser dienten, Glasfäden im reichen
Wechsel der Farben und Muster bilden die Verzierung der ägyptischen
Alabastra. In der Auflage des Fadens sind schon an diesen zwei
Techniken auseinander zu halten. Die eine arbeitet mit dem schon
fertig vorliegenden Faden, den sie auf das durch Hitze erweichte
Gefäss auflegt und mittels des Kamrnes, wie beim Korb- und Fam-
krautmuster, kunstvoll anordnet; wir finden diese Technik auch
vielfach auf Schmuckperlen der Kaiserzeit, auf grösseren Gefässen
alexandrinischer und italischer Herkunft. Die andere zeigt die Eigen-
thümlichkeit, dass der Faden mit einem Tropfen beginnt, oft abgerissen,
unterbrochen ist, zwar in ungleichmässiger Stärke verläuft, im allge-
meinen aber nach dem Ende zu dünner wird. Der Glasmacher zog
sich ihn erst während der Decoration des Gefässes, indem er einen
Stift aus farbigem Glase erweichte, an das Gefäss ansetzte, so dass
ein kleiner Tropfen entstand, und von diesem aus in beliebigen Linien,
gleichsam malend, den Stift weiterführte. Anfangs klein, mehr als
Nothbehelf behandelt, wurde der Ansatztropfen bei zunehmender
Flüchtigkeit der Technik immer grösser, um schliesslich im IV. Jahr-
hundert und in der fränkischen Epoche ein ausgesprochen decoratives
Element zu bilden. Mitunter schloss man auch den Faden mit einem
Tropfen oder einer länglichen Verdickung. '
Die aufgelegten Fäden wurden durch weiteres Ausblasen und
durch Walzen der Gefässe eingedrückt, so dass sie als Flächen-
schmuck wirkten; doch schon in der Diadochenzeit liess man sie auf
Perlen plastisch stehen, manchmal auch auf Alabastren und kleinen