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Volltext: Monatszeitschrift II (1899 / Heft 4)

durchbrochenen Mantels der sogenannten Vasa diatreta zeigt zum 
Beispiel ein aus Gallien importirter Becher der vaticanischen Samm- 
lungen. Ein anderer daselbst hat hochgeschwungene Kettenhenkel 
der zuletzt genannten Art; einfachere, aus zwei Wellenfaden gebildet, 
sind am Oberrhein häufiger. Zu Ende des III. und im IV. Jahr- 
hundert wurden einzelne Kettenstreifen auch bandartig um Gefässe 
herumgelegt. 
Auch sonst wurde der Glasfaden zu den mannigfaltigsten 
Henkelbildungen verwendet. Die Henkel der Alabastra sind Ösen 
aus dünnem Rundfaden, manchmal mit nach innen gebogener Schlinge, 
oder sie laden in einfacher freier Rundung aus. Bei den farbigen 
Kannen der frühen Kaiserzeit ist der Henkel aus zwei, auch drei 
Rundfäden zusammengesetzt und bildet am oberen Ansatze mehrere 
runde Schlingen, welche ursprünglich wohl zur Befestigung des 
Deckels oder Pfropfens gedient haben. Mitunter steht eine grosse, 
röhrenfdrmige Doppelschlinge quer über dem Ansatze des Henkels 
(schon in Pompei) und geht am Rande in wellen- oder schrauben- 
förmige Ausläufe über. Mit der Zeit nehmen die Schlingen phanta- 
stischere Gestalten an. Der ganze Henkel wird mit der Zange in 
Schlingen gelegt oder in spitzen Zacken ausgezogen und am Körper 
des Gefässes bis zum Fusse als anliegender Wellen-, Stachel- oder 
Zackenfaden fortgesetzt, flache Bandhenkel wurden mit Fäden belegt 
und diese in gleicher Art behandelt. Fussbecher mit hochgeschwun- 
genen, phantastisch behandelten Henkeln nannte man „geflügelt", 
Calices alati, weil die Henkel wie Flügel emporragten und den 
Eindruck des Luftigen, Körperlosen erhöhten. Nicht nur der Name 
„Flügelglas" sondern auch der Begriff ist antiken Ursprungs. Zu ganz 
barocken Gestaltungen führte der Ausgang der Antike auf orien- 
talischem Boden. Einfache, doppelte und dreifache Ampullen in 
Röhrenform wurden mit Spiral- und Zickzackfäden umwickelt, mit 
kleinen Seitenhenkeln versehen und über diese eine Combination von 
Korbhenkeln aufgebaut, zu drei, zwei und einem übereinander 
geordnet. In den letzten Jahren sind viele solcher Stücke aus Syrien 
und Palästina nach Europa gekommen. 
Die steigende Virtuosität in der Handhabung des Glasfadens 
führte zur Bildung einer eigenthümlichen, in der Litteratur bisher noch 
unbekannten Art von Gläsern, welche ich nach der vorherrschenden 
Form ihrer Verzierung die Schlangenfadengläser nennen möchte. 
Sie stehen sehr hoch im Preise und kommen nur selten in den 
Kunsthandel; gegenwärtig dürften kaum mehr als fünfzig gut erhaltene 
Exemplare in öffentlichen und privaten Sammlungen vorhanden sein.
	        
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