ARTHUR VOLKMANN 50 VON
SCHUMANN-DRESDENSP
IL
;[J
IE Frage, welches das wesentliche Kenn-
zeichen der modernen Plastik ist, dürfte
nicht so leicht zu beantworten sein, wie
es im ersten Augenblicke scheinen mag.
Man lasse die Reihe der in weiteren
Kreisen bekannten und berühmten Namen
vor dem geistigen Auge vorüberziehen:
Hildebrand, Klinger, Diez, Begas, Tilgner,
Zumbusch, Meunier, j. Lambeaux, Van der
Stappen, Touaillon, Jean Dampt, Rodin,
Fremiet, Dubois . . . Was ist das Gemein-
same, das diese allesammt gerade unserer Zeit zuwiese? Über All-
gemeinheiten dürfte man schwerlich hinauskommen, um die Frage
zu beantworten. Es dürfte kaum eine Zeit gegeben haben, die so
viel verschiedenartige, ja geradezu gegensätzliche Außassungen der
Kunst im allgemeinen und der Plastik im besonderen vereinigt hätte,
wie die unserige. Man spricht wohl noch von einzelnen Schulen,
aber man ist dabei überzeugt, derjenige Schulhalter sei der beste,
der nicht seinen Schülern die eigene Auffassungsweise aufnöthigt,
sondern die Individualität jedes einzelnen zur Entwicklung zu bringen
vermag. Man sehnt sich nach einem modernen Stil, in dem sich
unsere Anschauungsweise, die Gegenwart auskrystallisire, wie dies
für ihre Zeiten Gothik, Renaissance, Barock u. s. w. gethan haben,
indess die höchste Anerkennung auf künstlerischem Gebiete spenden
wir den starken Persönlichkeiten, welche eine besondere Note in
ihrer Kunst anzuschlagen wissen. Anderseits aber lesen wir, dass
ein einflussreicher Künstler sich über den Zweck der Kunst also
geäussert hat: „Wenn überhaupt nur alle, die sich mit irgend einer
Kunst befassen, immer festhielten, dass ihre ganze Aufgabe darin
besteht, den Mitlebenden die Freude und den Genuss am Bestehenden
zu erleichtern, nicht aber ihr eigenes Ich zur Geltung zu bringen.
Letzteres müssen die Werke durch ihre Vortrefllichkeit leisten." Der
dies schrieb, war Hans von Marees, ein Künstler durch und durch
und selbst eine starke Persönlichkeit. Ein verhängnisvolles Geschick
wollte es, dass er nicht ein Werk geschaffen hat, das man auch nur
entfernt vollendet nennen könnte, dass die Kunstgeschichte also
nichts von seinen künstlerischen Thaten zu melden weiss. Mit diesem
herben Verhängnis aber mag uns einigermassen versöhnen, dass der