MAK

Volltext: Monatszeitschrift II (1899 / Heft 6)

Berlepsch und ein Nibelungenzimmer der Dresdener Otto Gussmann, 
Professor für decorative Kunst an der königlichen Kunstakademie. 
Die Zimmer von Gross und Rose sind ausgeführt von den Dres- 
dener Werkstätten für Handwerkskunst Schmidt und Müller, welche 
ähnliche Zwecke verfolgen, wie das genannte Münchener Künstler- 
unternehmen. 
Unverkennbar ist in allen diesen Einrichtungen der gemeinsame 
Zug nach Einfachheit und schlichter Zweckmässigkeit. Scheiden wir 
die schlechthin misslungene sogenannte „deutsche Stube", bei der das 
Deutschthum in einer missverstandenen, an romanische Vorbilder 
erinnernden Derbheit gesucht ist, und das weit höher stehende 
Nibelungenzimmer von Otto Gussmann aus, so ergibt sich eine 
puritanische Strenge in der Auffassung, die mit den gleichartigen 
englischen Bestrebungen parallel geht und, ohne dass man jedesmal 
auf directe Nachahmung zu schliessen braucht, nicht selten zu ganz 
ähnlichen Lösungen geführt hat, wie man sie im modernen englischen 
Stil auch findet. Makart-Sträusse, japanische Fächer, indische Shawls 
oder gar nachgemachte Ritter- und Turnierwaffen, wie sie vor zwanzig 
Jahren die wiedererweckte „Kunst unserer Väter" in unsere Neu- 
renaissance-Zimmer schleppte, sucht man ganz vergebens. Statt 
dessen sieht man Scherrebeker und andere moderne Teppiche, 
decorative Malereien, die mit der Architektur organisch verbunden 
sind, moderne Gläser, Töpfereien, Schmuck- und Gebrauchsgeräthe 
aus Zinn, Kupfer, Schmiedeisen u. s. w. Die famosen angenagelten 
Decken-Stuckornamente sind verbannt. Die Wände sind meist durch 
eine einfache I-Iohlkehle in die Decke übergeleitet; die Decken zieren, 
soweit nicht Oberlicht vorgesehen ist, künstlerische Malereien oder 
angetragene Ornamente modernen Stils, zum Theil als Rahmen für 
die elektrischen Beleuchtungskörper. Nirgends hat sich der Künstler 
die Aufgabe gestellt, einen Raum in einem bestimmten Stile 
auszumöbliren, sondern die Aufgabe ist kurzweg aus dem vorliegenden 
Bedürfnis heraus gelöst, wobei nur der Zweck und die künstlerische 
Individualität bestimmend auftraten. Alle überflüssige Ornamentik, 
der Ballast von I-Iolzschnitzerei und der Wust von Tapeziererdeco- 
ration ist beiseite gelassen. Das Material ist rein zur Geltung gebracht; 
an den Möbeln sind höchstens durch Verbindung verschiedenartiger 
Hölzer, durch Einlagen von Holz oder Metall, durch Beizen des 
Holzes reizvolle Wirkungen erstrebt; im übrigen tritt das Constructive 
in sein Recht, ist der bequeme Gebrauch massgebend gewesen. 
Sucht man nach einem gemeinsamen Formenprincip, so könnte 
man, namentlich an den Geräthen, etwa von einem Wellen- und
	        
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