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Process hat gegenwärtig eine bereits allgemeine Anwendung ge
funden. — Die Mangan - Langen werden mit Calcium - Carbonat
versetzt, wodurch Eisen-Oxyd, Thon-Erde und Schwefelsäure aus
geschieden werden. Die vom Niederschlage abgetrennte Flüssig
keit wird dann mit Kalkmilch behandelt, auf 50 bis 70" erwärmt
und von einem raschen Luftstrom durchgearbeitet, bis der Anfangs
weisse Brei sich in einen schwarzen Schlamm verwandelt hat,
welcher zum grossen Theil aus Calcium - Manganat besteht, das
sodann unmittelbar wieder durch Salzsäure auf Chlor verarbeitet
werden hann. — So genial auch dieser Process durchdacht, war,
blieb dennoch ein weiterer Dehelstand zu beseitigen; es bildete
sich als weiteres Nehenproduct eine bedeutende und schwer zu
verwerthende Menge von Chlor-Calcium. Weldon hat nun die
Magnesia an Stelle des Kalks verwendet, und das nach obigem
Vorgänge verbleibende Chlor-Magnesium kann schliesslich durch
Einwirkung von überhitztem Wasserdampf wieder in Salzsäure
und Magnesia gespalten werden, welche beide sodann wieder in
den Cyclus der Chlor-Industrie von Neuem eintreten.
So praktisch auch dieser Process in Anwendung gebracht
worden ist, so musste dennoch eine nicht unbeträchtliche Menge
von Braunstein in den Fabriken von Zeit zu Zeit nachgekauft
werden, und bei der heutigen colossalen Mengenverarbeitung dieses
verhältnissmässig seltenen Minerales in der Chlor-Industrie, in der
Glasfabrication und zur Darstellung des Kalium-Hypermanganates
wurde der Preis einer guten Waare enorm gesteigert. Es war
daher selbstverständlich, dass die Anforderungen der Chlor-
Industrie dahin gingen, eine Methode zu erforschen, durch welche
das Chlor ohne Mithilfe des Braunsteins dargestellt werden könnte.
Diese Aufgabe ist, etwa irgend welche technischen Uebelstände
abgerechnet, durch den Deacon’schen Process vollkommen gelöst
worden.
Aus der Experimental - Chemie ist es bereits schon lange
bekannt, dass bei höherer Temperatur ein Gemenge von Chlor-
Wasserstoff und Sauerstoff in Wasser und freies Chlor umge
wandelt wird. — Der Engländer Deacon war es, der diesem
Experimente die industrielle Anwendbarkeit abgesehen hat, und
ist es ihm so ziemlich gelungen, die Bedingungen festzustellen,
unter welchen die erwähnte Keaction von Luft-Sauerstoff auf Chlor-
Wasserstoffsäure leicht, sicher und annähernd vollständig durch
geführt werden kann. Die Gase werden auf ungefähr 400° erhitzt
und dann lässt man dieselben über poröse mit Kupfer-Vitriol
durchtränkte Massen, gewöhnlich Thonkugeln, streichen. Dabei
wird zuerst das Kupfer-Oxydsalz in Chlorid verwandelt, aus wel
chem zuletzt der Sauerstoff unter neuer Oxydbildung das Chlor in
freien Zustand bringt.
Der Deacon’sche Process hat sich zunächst blos in England
eingebürgert, doch werden auf dem Continente bereits Vorkeh
rungen getroffen, denselben in ihre Chlor-Industrie einzuführen.
Der Process selbst bezüglich der Apparate und deren Anordnung
mag noch Viel zu wünschen lassen; doch gehört dessen Anwen
dung gewiss zu den hervorragendsten Leistungen der modernsten
chemischen Industrie.
An die Chlor - Industrie reiht sich zunächst die Industrie
des Jodes und der Jod - Präparate. — Das Jod ist noch immer
ein unentbehrliches Specificum der medicinischen Therapie ge
blieben, und Jod-Kalium, Eisen-Jodür und ähnliche Präparate
finden eine sich täglich steigernde Verwendung. — Mit Jod-
Präparaten machen die Photographen ihre Platten dem Lichte
gegenüber am besten empfindlich; mit Jod werden prachtvolle
Malerfarben bereitet, und das Jod spielt endlich eine hochwichtige
Bolle bei der Darstellung von Anilinfarben-Gruppen. Bei einer
solchen Verwerthuug des Jodes muss man eine bedeutende Koh-
production desselben voraussetzen. Die Staaten, welche sich im
Augenblicke an der Jod-Industrie betheiligen, sind England,
Frankreich, Amerika und Deutschland. — In der Jod-Industrie
selbst sind die Darstellungsmethoden ökonomischer geworden.
Die Zersetzung der Jod- Laugen mittelst eines Gemenges von
Kupfer- und Eisen-Sulphat gestattet, die gesammte Jod-Menge als
Jod-Kupfer im geringsten Volumen zur Ausnützung zu bringen.
England hatte sehr interessante Producte aus Leetang, dem
Jodspeicher des Meerwassers, ausgestellt. Diese Algen werden