MAK

fullscreen: Bericht über die Weltausstellung zu Wien im Jahre 1873

(54 
Process hat gegenwärtig eine bereits allgemeine Anwendung ge 
funden. — Die Mangan - Langen werden mit Calcium - Carbonat 
versetzt, wodurch Eisen-Oxyd, Thon-Erde und Schwefelsäure aus 
geschieden werden. Die vom Niederschlage abgetrennte Flüssig 
keit wird dann mit Kalkmilch behandelt, auf 50 bis 70" erwärmt 
und von einem raschen Luftstrom durchgearbeitet, bis der Anfangs 
weisse Brei sich in einen schwarzen Schlamm verwandelt hat, 
welcher zum grossen Theil aus Calcium - Manganat besteht, das 
sodann unmittelbar wieder durch Salzsäure auf Chlor verarbeitet 
werden hann. — So genial auch dieser Process durchdacht, war, 
blieb dennoch ein weiterer Dehelstand zu beseitigen; es bildete 
sich als weiteres Nehenproduct eine bedeutende und schwer zu 
verwerthende Menge von Chlor-Calcium. Weldon hat nun die 
Magnesia an Stelle des Kalks verwendet, und das nach obigem 
Vorgänge verbleibende Chlor-Magnesium kann schliesslich durch 
Einwirkung von überhitztem Wasserdampf wieder in Salzsäure 
und Magnesia gespalten werden, welche beide sodann wieder in 
den Cyclus der Chlor-Industrie von Neuem eintreten. 
So praktisch auch dieser Process in Anwendung gebracht 
worden ist, so musste dennoch eine nicht unbeträchtliche Menge 
von Braunstein in den Fabriken von Zeit zu Zeit nachgekauft 
werden, und bei der heutigen colossalen Mengenverarbeitung dieses 
verhältnissmässig seltenen Minerales in der Chlor-Industrie, in der 
Glasfabrication und zur Darstellung des Kalium-Hypermanganates 
wurde der Preis einer guten Waare enorm gesteigert. Es war 
daher selbstverständlich, dass die Anforderungen der Chlor- 
Industrie dahin gingen, eine Methode zu erforschen, durch welche 
das Chlor ohne Mithilfe des Braunsteins dargestellt werden könnte. 
Diese Aufgabe ist, etwa irgend welche technischen Uebelstände 
abgerechnet, durch den Deacon’schen Process vollkommen gelöst 
worden. 
Aus der Experimental - Chemie ist es bereits schon lange 
bekannt, dass bei höherer Temperatur ein Gemenge von Chlor- 
Wasserstoff und Sauerstoff in Wasser und freies Chlor umge 
wandelt wird. — Der Engländer Deacon war es, der diesem 
Experimente die industrielle Anwendbarkeit abgesehen hat, und
	            		
ist es ihm so ziemlich gelungen, die Bedingungen festzustellen, unter welchen die erwähnte Keaction von Luft-Sauerstoff auf Chlor- Wasserstoffsäure leicht, sicher und annähernd vollständig durch geführt werden kann. Die Gase werden auf ungefähr 400° erhitzt und dann lässt man dieselben über poröse mit Kupfer-Vitriol durchtränkte Massen, gewöhnlich Thonkugeln, streichen. Dabei wird zuerst das Kupfer-Oxydsalz in Chlorid verwandelt, aus wel chem zuletzt der Sauerstoff unter neuer Oxydbildung das Chlor in freien Zustand bringt. Der Deacon’sche Process hat sich zunächst blos in England eingebürgert, doch werden auf dem Continente bereits Vorkeh rungen getroffen, denselben in ihre Chlor-Industrie einzuführen. Der Process selbst bezüglich der Apparate und deren Anordnung mag noch Viel zu wünschen lassen; doch gehört dessen Anwen dung gewiss zu den hervorragendsten Leistungen der modernsten chemischen Industrie. An die Chlor - Industrie reiht sich zunächst die Industrie des Jodes und der Jod - Präparate. — Das Jod ist noch immer ein unentbehrliches Specificum der medicinischen Therapie ge blieben, und Jod-Kalium, Eisen-Jodür und ähnliche Präparate finden eine sich täglich steigernde Verwendung. — Mit Jod- Präparaten machen die Photographen ihre Platten dem Lichte gegenüber am besten empfindlich; mit Jod werden prachtvolle Malerfarben bereitet, und das Jod spielt endlich eine hochwichtige Bolle bei der Darstellung von Anilinfarben-Gruppen. Bei einer solchen Verwerthuug des Jodes muss man eine bedeutende Koh- production desselben voraussetzen. Die Staaten, welche sich im Augenblicke an der Jod-Industrie betheiligen, sind England, Frankreich, Amerika und Deutschland. — In der Jod-Industrie selbst sind die Darstellungsmethoden ökonomischer geworden. Die Zersetzung der Jod- Laugen mittelst eines Gemenges von Kupfer- und Eisen-Sulphat gestattet, die gesammte Jod-Menge als Jod-Kupfer im geringsten Volumen zur Ausnützung zu bringen. England hatte sehr interessante Producte aus Leetang, dem Jodspeicher des Meerwassers, ausgestellt. Diese Algen werden
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.