Gestalt ist zu männlich in den Formen und der Künstler wird diesem Übelstand
abhelfen. Auch soll er einen Sockel hinzufügen. Nach Paris aber wird das Werk
schwerlich geschickt werden, zum Repräsentiren ist es nicht stark genug. Den
zweiten Preis erhielt Fritz Wolber in Pforzheim. Er fasste die Sache zu kunst-
gewerblich an, indem er eine Bronzevase bildete, deren Reliefs die aufsteigende
jugend und das in den Wellen des Abgrundes versinkende Alter zeigen. Die Idee
hat nichts Neues und noch weniger Bedeutendes, aber die Vase ist recht gut
geformt und im plastischen Detail ganz hübsch; sie ist für einen weniger wichtigen
Zweck gewiss ausführbar. Den dritten Preis gewann der Kundmann-Schüler
K. Philipp, der in G. Simbrick einen Mitarbeiter hatte. Er gibt ein Uhrmotiv mit
Saturn und zwei Frauen, dazu eine Menge gefältelter Bandschleifen, über Haufen
von Lorbeerzweigen und Blumen. So hat die verdienstliche Anregung nur zu
einer Enttäuschung geführt.
AMMLÜNG MORIZ MAYR. Am 3. und 4. Februar wurde im Künstler-
hause die Bildersammlung des Wiener Fabrikanten Moriz Mayr (gest. 1898)
versteigert. Sie bestand aus 152 Werken, meist kleineren Formats. Der Haupt-
stock gehörte der Wiener Kunst der Siebziger- und Achtziger-Jahre an. Aus dem
Vormärz fand sich einzelnes: Waldmüllers „Frauen am Brunnen von Taormina"
(1846), Fendis „Pfandung" (1839), Eybls niedlicher „Gedenktag", ein Damen-
bildnis von Amerling, in schwarzem Schleier, mit seltsamen Anklängen an
Raffaels Madonna im Grünen. Pettenkofen war durch einen „Abend an der
Theiss" (1853) _von der köstlichen Emailwirkung seiner ersten Malweise vertreten.
Mehrere noch jetzt lebende Wiener Maler zeigten ihr frühestes Gesicht, so
Karger („Modell") noch ganz als Makartcollege in der Piloty-Schule, Franz Ruhen
(„Venedig" 1877) mit feinen luftgrauen Tugenden, Hugo Charlemont („Fluss-
landschaft" 1875), mit silberblauen Tönen an Schindler gemahnend. Pettenkofens
EinHuss zeigte sich in Rumplers hübschem Bildchen: „Geschwister" (1874), aber
mit allerlei winzigem Detail aufgeputzt, und auch in Ottenfelds „Überfall" (1884),
wo aber ein pikanteres Temperament durchbrach. Die übersorgfältigen Darsteller
des Wiener Kleinlebens, die man Neu-Altwiener nennen könnte (Gisela,
Zewy u. a.) bildeten eine zahlreiche Gruppe; ihre Stärke liegt aber eigentlich in
der peinlich genauen Darstellung des altväterischen Beiwerks; der Mensch, der
bei Waldmüller und Fendi so lebendig war, bleibt bei ihnen eine lackirte Puppe,
auch ist die harte, luftlose Färbung heute nicht mehr erträglich. Mehr als Markt-
ware sind sie ja auch trotz aller Reclame nie gewesen. Unter den ausländischen
Bildern sind besonders zu nennen Oswald Achenbachs „Neapelü im Abendschein,
aus guter Zeit, und Willems' „Mädchen mit Kirschen", eine salonmässige Ver-
dünnung der Elemente eines Pieter de Hooch und Vermeer von Delft.
KLEINE NACHRICHTEN 54b
IEN. ERWERBUNGEN DES KUNSTHISTORISCHEN HOFMUSEUMS
IM JAHRE 1898. Der Bestand der kunsthistorischen Sammlungen des
Allerhöchsten Kaiserhauses ist im abgelaufenen Jahre durch einige nicht unwichtige
Erwerbungen vermehrt worden, denen die folgende summarische Besprechung
gewidmet sein möge.