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Volltext: Monatszeitschrift II (1899 / Heft 9)

Schattenspiel auf der von zahllosen durcheinander geschobenen 
Brechungen bewegten Wasserfläche festgehalten. 
Das sind die Grundlagen, auf denen sich Grethes Malwerke 
aufbauen. In diesem selbst ist eine einfache, fast in der Sache gelegene 
Entwicklung gegeben, vom Kleinlichen, Gegenständlichen zur 
malerischen Breite und Einheit. In den früheren Werken tritt das 
Einzelne noch mit einer gewissen Aufdringlichkeit hervor. Der Vorgang 
der Darstellung erhebt den Anspruch, für sich zu wirken; die Über- 
fülle des Temperaments greift nach leidenschaftlichen und aufregenden 
Accenten. Gepaart mit bedeutendem Können, kann eine solche 
energische Darstellung ihre Wirkung nicht verfehlen. Das früheste 
grosse Werk (vom Jahre 1888) stellt einen „Tanz der Matrosen auf 
einem Walfischfänger" dar und befindet sich jetzt im Danziger 
Museum, ein anderes vom Jahre 1890 einen dramatischen „Schm- 
bruch" (Aussetzen der Rettungsboote). 
Von hier gab es auch verschiedene Wege. Vor allem einen 
bequemen horizontalen Weg, der freilich in seinem weiteren Verlauf 
wohl unmerklich abwärts geführt hätte. Grethe betrat einen aufwärts 
weisenden Pfad. Er suchte des gegenständlichen Interesses I-Ierr zu 
werden, indem er es bis zur Kraft selbständiger Poesie zu steigern 
unternahm; die Wogen belebten sich mit Gestalten seiner Phantasie, 
in denen sich die Naturkräfte selbst verkörpern sollten. So entstanden 
zwei höchst wirkungsvolle Scenen, wo sich mit bedeutender drama- 
tischer Kraft der Höhe- und Endpunkt der schrecklichen Tragödie 
der See abspielt, indem die Wellengeister die erschöpften Schiff- 
brüchigen triumphirend in die Tiefe reissen: das „Finale" (1893) und, 
diesem künstlerisch überlegen, „Das Rettungsboot" (1895). Seitdem 
ist der Künstler nicht mehr zu solchen Versuchen zurückgekommen 
und es will uns bedünken, als ob er sich hier nicht auf ureigenen 
Pfaden, sondern im Banne des grössten deutschen Künstlers unserer 
Zeiten befunden hätte. Seine eigene Richtung aber war es, als er von 
da an mit zielgewisser Energie und mit von Werk zu Werk sich 
steigerndem Erfolge dem Rein-Malerischen zustrebte. Jetzt wurde 
alles Fremde, Äusserliche, Nebensächliche abgestreift. In grossen, 
immer reineren, immer reicheren I-Iarmonien trat als die bestimmende 
Macht, als die lebendige Seele seiner Kunst die Farbe hervor. Sie 
ist der Stoff, in dem es ihm gelingt, den elementaren Dreiklang von 
Licht, Luft und Wasser in seinen unendlichen Wandlungen nach- 
zuschaffen. Das Figürliche hörte darum nicht auf, in seinen Werken 
eine Rolle zu spielen. Doch war ihm jetzt eine andere Aufgabe 
zugedacht. Es wirkte nicht mehr als ein Selbständiges, das die Augen
	        
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