der Mutterliebe kommt zu feierlich
würdigem Ausdruck. Gleich da-
neben raunt ein junges Paar die
ersten Worte der Liebe; eine ent-
zückende Gruppe, zu der noch
eine Variante vorhanden ist. Über
diesen beiden Episoden baut sich
eine der Hauptgruppen auf: der
Tanz. Ein Reigen üppigster Art,
in dem alle Lockungen des Flei-
sches ihren Sabbath feiern, einen
wirklichen Sabbath voll Hexenkraft,
denn über ihm im Gewölk sitzt
schemenhaft Satan und comman-
dirt seine eigenen höllischen Tän-
zerinnen. Von ihm augenscheinlich
strömt das Fluidum nieder, das
alle Muskeln und Gelenke dieser
Evastöchter in Wonnetaumel ver-
setzt, in den „spasme", um das
jetzige Lieblingswort der fran-
zösischen Naturalisten zu gebrau-
chen. Diese Tanzgruppe ist für
den Beschauer der grösste Effect
der Darstellung; sie ist von einer
unwiderstehlichen Animalität, die
ganze Anatomie löst sich zusehends
in Temperament auf. Selbst die
Nebenrnotive der Gruppe sind noch
ungewöhnlich stark, so der backen-
bärtige Lüstling, auf dem eine
echte Jordaenstochter förmlich aus
F?" der Scene hinausreitet. Rechts der
Portois äFix. Salonschrauk, Mahagoni Tanzgruppe folgt, als Herzstück
der Composition, eine der geist-
vollsten Gruppen: der Augenblick der Vergewaltigung. Sie ist mit einer stürmischen
Hast hinrnodellin und voll plastischer Kühnheiten, deren Pointe das Knie eines
prächtig verkürzten Beines bildet. Trotzdem tritt diese Gruppe mehr zurück, als
blosses Verbindungsglied jener Tanzgruppe mit der Mordgruppe, die ihr in der rechten
Bildhälfte als Gegengewicht dient. Der Mord ist eine Kain-Abel-Scene, die von der
mächtig emporsteigenden und das Opfer mit dem Speer niederbohrenden Figur des
ersten Mörders beherrscht wird. Unter diesem gewaltig aufgereckten Titanen kugelt
eine Gruppe stürzender Leiber durcheinander, von Schlangen umwunden, in Pein büssend.
Und ganz rechts ergänzt sich der Cyklus durch neue Scenen des Duldens. Ein Märtyrer
macht am Kreuze seine Passion durch, auch eine „passion hurnaine", und ganz rechts, am
Rande, gehen Adam und Eva aus dem Paradiese. Aber den Gekreuzigten umschweben
stille, selige Häupter, die von Erlösung träumen. Er selbst ist nicht der herkömmliche
Christus, sondern der leidende Mensch, sogar einer aus Meuniers Sippschaft, homo patiens,
der in Qual geläutert, sterbend den Tod besiegt. Den nämlichen Tod, der hoch über
diesem ganzen Getriebe mitten in der Luft schwebt, ein lemurenhaftes Ungethüm auf
Fledermausiiügeln, vom Grabtuch umweht. Er ist das gemeinsame Schicksal, in das alle
dies Leidenschaftene münden; aber nur das äussere Schicksal - ein Blick ins Gesicht