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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXI (1976 / Heft 145)

2a Große Sannenuhr im Klosterhof von Ossi- 
ach, aus 1614, restauriert 1817. Der Sch 
ten des Knoafes am Schattenzeiger dient 
zur gleichzeitigen Angabe der griechisch-baby- 
lonischen Stunden („Kriechisch Stunnd"), die m 
Sonnenaufgang die 24 Stunden des Tages 
len - schwarze Striche -, der italienisch-böhm 
schen Stunden („Wellch Stunnd"), die die 24 
Stundenzöhlung bei Sonnenuntergang beginnen 
- rate Striche - und gleichzeitig durch seinen 
Abstand von den Sannenwendegrenzen (oben 
Sommer, unten Winter) zur ungefähren Datums- 
anzeige, und schließlich der bürgerlichen (auch 
deutschen oder gallischen Stunden - horae 
communes) laut Calibrierung des oberen und 
unteren Bandes dienen; die Uhr zeigt dort 
11.15 Uhr. 
Solche kombiniert bürgerlich-griechisch-italie ' 
sche Sonnenuhren sind sehr selten (z. B. auf den 
Domen von Basel oder Straßburg). Sie sind den 
Betrachtern ganz unverständlich, die nach eini- 
gen vergeblichen Orientierungsversuchen meist 
mit unbefriedi tem Kopfschütteln weitergehen 
(Foto Prim. Dngichler, Villach). 
Lit. 2 Le Cadrans Solaires; Rene R. l. Rohr; 
Gauthier-Villars Editeurs 1965. 
Sonnenuhren auf Geböudewönden und eigenen 
Baukörpern waren früher sehr häufig als eine 
grundsätzliche Zeitinformation geboten, solange 
es weder Telefon noch Rundfunk gab; heute 
verfallen die meisten davon. 
Die „Kayserliche Vorstellungsuhr" (ein Geschenk 
von Landgrat Ludwig Vlll. von Boden an Ma- 
ria Theresia zur zehniöhrigen Thronbesleigung 
1750), angefertigt von Ludwig Knaus in Darm- 
stadt zusammen mit seinem Bruder Friedrich, 
die beide später nach Wien kommen und dort 
1787 bzw. 1789 sterben. 
Die Vorstellungsuhr, übermannshoch, Schildkrott 
plattiert, mit silbernem Figurenwerk reich ge- 
schmückt, hat vorne eine große bühnenartige 
Öffnung, wo in neun aufeinanderfolgenden Sze- 
nen eine große Huldigung von Maria Theresia 
und Franz Stephan, begleitet durch großes 
Glockenspielwerk, abläuft. 
Lit. 11: Ludwig Knaus und Friedrich von Knaus: 
Zwei Meister der Kunstmechanik am Hole Kai- 
serin Maria Theresias, E. Kurzel-Runtscheiner, 
Blätter für Geschichte der Technik, 5. Band, 
I. Springer, Wien 1938. 
Der gleichmäßige, rhythmische Ablauf eines Uhr- 
werks machte schon früh seine Verwendung 
zum Betrieb von Automatenfiguren und Spiel- 
werken möglich; die sich so entwickelnden 
Kenntnisse waren die Voraussetzung für die 
zahlreichen Automaten der Renaissance und 
Barockzeit, Sie sind die Zeugen dafür, wie aus 
spielerischen Anfängen die Grundlagen für die 
moderne Regeltechnik entstanden sind. 
Weise den mühsamen Fortschritt von einer Etap- 
pe zur nächsten in der Böndigung der Zeit mit 
allen den vielen, mit großen Erwartungen be- 
gonnenen, aber später sich als unbrauchbar her- 
ausstellenden Aufbrüchen beschreiben. 
Es ist auch nicht möglich, darin der Vielfalt der 
Farmen und künstlerischen Gestaltung der Uh- 
ren gerecht zu werden. Die geniale Verquickung 
aber von Indikationen zur ardnenden Einteilung 
des Zeitablaufes, von Mechanismen zur Durch- 
führung dieser Zeiteinteilung mit immer gerin- 
geren Fehlweisungen und schließlich die Umrah- 
mung dieser Bestrebungen in würdigen künstle- 
rischen Rahmen muß bemerkt werden. Die Wahl 
der Bilder aber mit den ausführlichen Unter- 
schriftstexten wird aber doch die Weite des 
Feldes andeuten, in dem sich die Böndigung der 
Zeit bisher abgespielt hat; die Bildwahl ist be- 
wußt dahin gerichtet gewesen, zu zeigen, wie 
über die Jahrhunderte hinweg die verschiedenen 
Völker alle Beiträge zum gleichen Endziel ge- 
liefert haben, wobei nicht unbemerkt bleiben 
soll, daß auch Österreich mehrmals in der 
Geschichte sich mit namhaften Meistern und 
ganzen Schulen seinen bleibenden Anteil an 
der Geschichte der Böndigung der Zeit genom- 
men hat. 
Ü Unser Autor: 
ern. o. Prof.,Dipl.-lng.Dr.techmHans von Bertele, 
Franziskanerplatz "l, 
1010 Wien 
19
	        
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