Unter den weniger quantitativ als qualitativ bemerkenswerten Erwerbungen der
SAMMLUNG KUNSTINDUSTRIELLER OBJECTE im kunsthistorischen l-Iofmuseum
steht an erster Stelle ein prächtiger Frauenschmuck aus derEmpirezeit, bestehend aus einem
Stirndiadem, einem Collier, drei Gewandbrochen und
einem Paar Ohrgehängen. Alle diese Bestandtheile
weisen vortreülich geschnittene Muschelcameen in
reichster Goldfassung auf, mit Darstellungen der
Zwölfgötter(darunter eineNachbildung der bekannten
Aspasiosgemme), sowie von Tag und Nacht (auf
den Ohrgehängen). Diese Cameen sind gute, wohl
römische oder neapolitanische Arbeiten im Stile des
Luigi Pichler. Überhaupt weist die Provenienz des
Schmuckes auf Italien. Ungemein charakteristisch ist
die schwere, den ganzen prunkvollen Decorationsgeist
der Empire zur Schau tragende Goldfassung mit den
Ranken a la Romaine. Als beredte Urkunde seiner
Zeit vertritt dieser Schmuck unter den kostbaren
Arbeiten der Goldschmiedekunst in der kaiserlichen
Sammlung würdig die Periode des beginnenden Reveß d" sßbißkkmedame
XIX. jahrhunderts. Weniger künstlerisches als cul-
turhistorisches Interesse erweckt im Gegensatze zu dem vorhin besprochenen Schmuck-
stücke ein anderes, der kunstindustriellen Sammlung zugekommenes Object: ein goldener
Brautring des XV. Jahrhunderts, welcher bei den Arbeiten im Wienbette in einer Tiefe
von circa 15 Metern gefunden wurde. Der glatte, nur von einem unansehnlichen Stein
in Kästchenfassung geschmückte Reif trägt in gothischer Minuskel die Inschrift: „dv.
pist. mir. ebin" (das heisst etwa: „Du sagst mir zu"). Er bildet ein hübsches Gegenstück
zu dem in Friaul gefundenen Ringe irgend eines deutschen Herrn, an den der Besitzer
Professor Ed. Thode einen phantasievollen Roman geknüpft hat („Der Ring der
Frangipani"), der jedoch in seiner ganzen Ausstattung, sowie nach dem höiischeren
Klange seiner Aufschrift: „Mit Willen Deyn Eigen" auf andere, höhere Gesellschafts-
schichten hinweist.
Bei der KAISERLICHEN GEMÄLDEGALERIE ist als hervorragendste Erwerbung
das Gemälde von Jan Miense Molenaar (xöoo bis x668) „Lustige musicirende Bauem-
gesellschaf " zu verzeichnen, welches bei der Auction der Sammlung Martin Schubart
in München erstanden wurde. Die kaiserliche Galerie '
besass bisher kein Bild dieses Meisters. Er erscheint nun-
mehr mit diesem vorzüglich erhaltenen, der besten
Schaffenszeit des Künstlers angehörenden Bilde in der
Gruppe der zugehörigen vlämischen Meister in der
Wiener Galerie würdig vertreten.
Neben dieser bedeutsamen Ergänzung der älteren
Galeriebestände treten die übrigen Erwerbungen verhält-
nismässig in den Hintergrund, wenngleich auch hier,
der Tendenz der Museumsleitung entsprechend, die
Sammlung nach der Richtung der einheimischen
Malerei durch gute Specimina der bedeutenderen Meister
successive auszubauen und gelegentlich auch hervor-
_ _ Revers der Rothhan-Medaille
ragendere ausländische Arbeiten zu erwerben, manch von Kowamik
kunstgeschichtlich wertvoller Zuwachs zu verzeichnen
ist. So ist von neu erworbenen Gemälden älterer Schulen ein Bild des Wiener Malers
Felix lvo Leicher (geboren 1727, Schüler Karl SchaiTers) „Anbetung der Mutter Gottes
mit dem jesuskinde" zu erwähnen, eine durch schönen Goldton und geschickte