Hühner-Idylle. Josef Engelhart überrascht durch eine plötzliche Schwankung, zurück zu
seinen volksthümlichen Anfängen. Es ist viel Faust in diesen robusten Bildern, dem
lebensgrossen I-lausmeisterpärchen in Sonntagsgala (das gelbe Umhängtuch der Frau ist
ein Feuerpunlrt der Ausstellung), dann den beiden „fahrenden Leuten", deren Um und
Auf so drastisch geschildert ist. Das Altwiener Genre lebt wieder auf. Und daneben nun
sein lebensgrosser Blasel auf der Coupletbühne, von den grellen Lichtstreifen der
Rampenbeleuchtung linear umfangen, hinter denen der verdunkelte Saal voll Publikum sich
in allerlei Violett und Blau tönt. Diese energische Tempera-Scene ist modemstes Paris,
wo die Theaterlampen Degas" brennen und die Volksredner Raffaellis peroriren. Auch
Karl Moll hat ein gutes Jahr. Seine grossen Interieurs aus der Hofbibliothek, in denen
er den Schleichwegen des Lichtes so liebevoll nachgeht, und die sonnenhelle Ebene bei
Schlosshof, wie sie hinter dunklen Weidenstämmen blendend ins Weite geht, sind
wirksame Arbeiten. Die poetischeste ist ein stiller, schattiger Wasserwinkel mit Bäumen
im Wasser und einem weissen oder bläulichen Kahn, der sich spiegelt. Das Alles ist in
der bekannten dünnen Weise mit grosser Luftigkeit gegeben. Bernatzik hat sich von dem
wässerigen Grün seiner letzten jahre dem trockenen Grau des Steinfeldes zugewandt, wo
er auch farbige Abenddämmerungen in Dorfstrassen studirt. Es fällt ihm Manches
interessant aus. Noch andere Landschafter kommen ein gut Stück vorwärts. Anton Nowaks
frische, sonnige Studien aus der Thayagegend zeigen ihn technisch sehr gewachsen; in
einem grossen Bilde pointillirt er sogar ein wenig, in seiner Weise. Friedrich König hat
einen landschaftlichen Cyclus zu Schuberts „Winterreise" gemalt, der viel Inniges
enthält. Unter seinen grossen Landschaften, in denen immer eine poetische Note anklingt,
ist eine mit sonnendurchleuchtetem Wald besonders duftig ausgefallen. Eine grosse
Dämmerlandschaft mit weissblühenden Obstbäumen von M. Lenz fällt auf; eine Hach,
flacher, am flachsten hingelegte Ebene mit braunem Boden, bläulichem Wasser und buntem
Vieh von Ludwig Sigmuudt hat einen feinen Reiz von Ursprünglichkeit. Baronin Myrbach
debutirt sehr glücklich mit einer grün in grün gehaltenen Unkraut- und Baumlandschaft,
die ganz delicat durchgeführt ist. Falats sonnenblitzender und Orliks schmutziggetretener
Schnee sind beide vortrefflich. Von Hänisch werden zwei saftig hingesetzte Landschaften
viel bemerkt. Tichy, Ottenfeld, Jettel, Kurzweil machen sich geltend. Andris bäuerliche
Landschaften mit ihren vorzüglichen Staffagen behaupten sich. Einige junge kommen
figural und machen Aufsehen. Vor allen l-I. Knirr mit seinem lebensgrossen Porträt einer
sitzenden Dame in hellgrauem Kleide. Aus einem reichen brauntonigen Interieur, das
förmlich Brangwyrfsche Farbendetails aufweist, wächst die helle Gestalt ungewöhnlich
lebensvoll hervor. Sie hat etwas Schneidiges, Schottisch-Amerikanisches, und der reizende
Rothkopf mit dem blühenden Teint ist sehr geistreich hingeschrieben. Auch hat die
malerische Haltung des Ganzen eine imposante Sicherheit, als wäre der Künstler mindestens
in Glasgow geboren. Auch Pepino (jetzt in Dresden), einst als Bürschlein von Makart
entdeckt, porträtirt jetzt Damen als Whistlersche Arrangements, und zwar mit viel
Talent. Seine Landschaft mit mondbeglänzten Dächern hat ihre eigene Sorte Romantik.
Wilhelm List bringt jetzt gleichfalls lebensgrosse Figuren, unter anderem ein famoses
Paar auf dem Kirchgang; das blaue Weiss des reichlichen Linnens („gebläbt" sagt die
Wäscherin), neben dem die Gesichter förmlich abbrennen, hilft ihm zu pikanten Wirkungen.
G. Kempf malt eine junge Dame in dunklem Costüm mit elegantem Strich, Auchentaller
zeigt sein tüchtiges Studium in einem grossen weiblichen Act, und von Nissl ist ein
kraftvoll hingemaltes blondes Nähmädchen zu bemerken. Der Bildhauer Canciani baut
sich aus drei Felsen ein Postament für einen Dante auf, der auf einen ganzen Reigen von
Verdammten hinabschaut. Die bronzenen Figuren sind nicht gerade buchstäblich zu
nehmen, das Ganze aber macht eine eigene Wirkung.
Unter den Angelsachsen hat der Amerikaner John W. Alexander seinen gewohnten
Erfolg. Das Bild: „The blue bowl" (die blaue Schüssel) ist ein Liebling der Besucher. Der
Künstler setzt wieder eines seiner entzückenden Dämchen in hellgrünlicher bauschiger