Entwurf zu einem Pokal von R. Lalique,
Paris (x8gz)
wiederspiegelte: dasselbe Land hat auf dem
Gebiete des Schmuckes eine Moderne ge-
schaffen, wie sie ideenreicher, lebensfrischer
und ausgereifter kein Kunsthandwerk der
Welt auf keinem Gebiete aufzuweisen hat.
Dieses frappirende Phänomen wurzelt,
wie alle ähnlichen überraschenden Erschei-
nungen der Kunstgeschichte, in der Geniali-
tät eines einzelnen Mannes von titanischer
Künstlergrösse: dieser Mann ist Rene
Lalique.
Lalique war noch vor ein paar Jahren
in Paris, selbst in Kreisen, die der Kunst
nahestehen, ein Unbekannter. Nachdem er
die Ecole des Arts decoratifs absolvirt und
dann eine Zeitlang in England studirt hatte,
war er Dessinateur für Juweliere geworden
und hatte schliesslich im Jahre 1885 ein
Atelier errichtet, in dem er nach eigenen
Entwürfen für einzelne grosse Firmen
Schmuckgegenstände ausführte. Dem Ge-
schmacke der Zeit entsprechend, arbeitete
er fast ausschliesslich in Joaillerie, mit dem
Edelstein, in traditionellen Formen. Aber
auch diesen Dutzendschmuck wusste er
künstlerisch zu beleben: die monotonen Brillantmaschen, die man damals
trug, vermochte er auf eine ganz eigene, reizvolle Art zu knüpfen; die
diamantenen Blumenranken, welche die Brochen und Diaderne bildeten,
formte er mit unglaublicher Treue nach der Natur. So wirkten seine Arbeiten
auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1889 wie Oasen voll künstlerischer
Frische in der Wüste platter Handwerksmässigkeit. Ihren Schöpfer aber
nannte kein Katalog. Die grossen Juweliergeschäfte, für die er arbeitete,
Halsschmuck von R. Lalique, Paris