MAK

Volltext: Monatszeitschrift II (1899 / Heft 12)

Der erste Blick lässt dies erkennen. Das zweistöckige Haus ist ganz 
in weissem Putz gehalten, ohne die obligaten Gesimse, Säulen und 
Giebel. Die Öffnungen sind einfach in die Wandfläche eingeschnitten, 
aus der jedoch einige Andeutungen des Innenlebens bedeutend hervor- 
treten: an der Stirnseite der viereckige Vorsprung des Speisesaales 
mit seinem bis auf den Boden herabreichenden Fenster, an der Ecke 
der Gegenseite, die eigentlich auch eineFacade ist, eine grosseVeranda 
mit Freitreppe, nach zwei Seiten mit jenen breit ausgeschnittenen 
Mauerbogen, um die der neue Geschmack die Reihe der überlieferten 
Bogentypen bereichert hat. Die Veranda führt in den Speisesaal und 
in das Arbeitszimmer des Hausherrn, die offene Terrasse darüber ins 
Schlafzimmer. Alle Haupträume greifen so in die lebendige Aussen- 
welt heraus. Das Dach, für das bereits die selbstverständlichen 
Schieferplatten und Firstgeländer bereit lagen, ist mit röthlichgrauen 
Ziegeln, den breit aufsetzenden sogenannten „Biberschwänzenß 
belegt und reichlich mit Holz montirt. Dieses geistreiche System von 
Sparren, Bohlen und Pfosten ist in einer eigenen stumpf-pikanten. 
Nuance von Secessionsgrün geheizt, die an Pflanzensäfte, an Blattgrün 
(Chlorophyll) erinnert und das Haus förmlich mit der Landschaft 
verbindet. Was das Äussere an Einzelheiten bietet, ist alles Eigenform, 
von den langgestreckten Dachgaffem, die in kleine Fenster unter- 
getheilt sind und im Profil an das Profil eines von den Wimpern 
überschatteten menschlichen Auges erinnern, bis zu den Gittern der 
Kellerfenster, wo der Schutz drei Eisenstäben obliegt, das Ornament 
aber, eine hellrothe Rose mit grünen Blättern, rein omamental aus 
Blech geschnitten und aufgelegt ist. Der Kücheneingang befindet sich 
in einem flacheren Vorsprung der Rückseite, der Bicycleeingang unter 
der Veranda, mit einem Thor aus vernickelten Stäben, sintemalen 
Bicycle und Nickel sich sachlich wie lautlich reimen. Es ist auf Alles 
Bedacht genommen in diesem Hause. Die Hausthüre, beileibe kein 
Thor, ist in hellem Eichenholz, mit etwas Flachschnitzerei, in der man 
auch die Monogramme des Hausherrn und der Hausfrau liest, nebst 
der Inschrift: „Dieses Haus wurde erbaut 1898 bis 1899 durch ]. M. 
Olbrich." Es istdas „Raphael pinx.", das der Besitzer eines Gemäldes 
nicht ungern an dessen unterem Ende sieht. Von Profilzeug und den 
anderen meist gewünschten Auszeichnungen ist an der Thüre nichts 
zu sehen, nur ist sie im oberen Drittel mit einem Streifchen Mosaik, 
einem Blumenornament auf Goldgrund umzogen. Sie will nicht 
aus dem Flachen heraus. Und ein Oberlicht hat sie in Glasmosaik 
(eine spassig stilisirte Spinne mit langen, langen Gliederbeinen, 
hellblau auf dunkelblau). Überhaupt haben alle Öffnungen solche
	        
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