Der erste Blick lässt dies erkennen. Das zweistöckige Haus ist ganz
in weissem Putz gehalten, ohne die obligaten Gesimse, Säulen und
Giebel. Die Öffnungen sind einfach in die Wandfläche eingeschnitten,
aus der jedoch einige Andeutungen des Innenlebens bedeutend hervor-
treten: an der Stirnseite der viereckige Vorsprung des Speisesaales
mit seinem bis auf den Boden herabreichenden Fenster, an der Ecke
der Gegenseite, die eigentlich auch eineFacade ist, eine grosseVeranda
mit Freitreppe, nach zwei Seiten mit jenen breit ausgeschnittenen
Mauerbogen, um die der neue Geschmack die Reihe der überlieferten
Bogentypen bereichert hat. Die Veranda führt in den Speisesaal und
in das Arbeitszimmer des Hausherrn, die offene Terrasse darüber ins
Schlafzimmer. Alle Haupträume greifen so in die lebendige Aussen-
welt heraus. Das Dach, für das bereits die selbstverständlichen
Schieferplatten und Firstgeländer bereit lagen, ist mit röthlichgrauen
Ziegeln, den breit aufsetzenden sogenannten „Biberschwänzenß
belegt und reichlich mit Holz montirt. Dieses geistreiche System von
Sparren, Bohlen und Pfosten ist in einer eigenen stumpf-pikanten.
Nuance von Secessionsgrün geheizt, die an Pflanzensäfte, an Blattgrün
(Chlorophyll) erinnert und das Haus förmlich mit der Landschaft
verbindet. Was das Äussere an Einzelheiten bietet, ist alles Eigenform,
von den langgestreckten Dachgaffem, die in kleine Fenster unter-
getheilt sind und im Profil an das Profil eines von den Wimpern
überschatteten menschlichen Auges erinnern, bis zu den Gittern der
Kellerfenster, wo der Schutz drei Eisenstäben obliegt, das Ornament
aber, eine hellrothe Rose mit grünen Blättern, rein omamental aus
Blech geschnitten und aufgelegt ist. Der Kücheneingang befindet sich
in einem flacheren Vorsprung der Rückseite, der Bicycleeingang unter
der Veranda, mit einem Thor aus vernickelten Stäben, sintemalen
Bicycle und Nickel sich sachlich wie lautlich reimen. Es ist auf Alles
Bedacht genommen in diesem Hause. Die Hausthüre, beileibe kein
Thor, ist in hellem Eichenholz, mit etwas Flachschnitzerei, in der man
auch die Monogramme des Hausherrn und der Hausfrau liest, nebst
der Inschrift: „Dieses Haus wurde erbaut 1898 bis 1899 durch ]. M.
Olbrich." Es istdas „Raphael pinx.", das der Besitzer eines Gemäldes
nicht ungern an dessen unterem Ende sieht. Von Profilzeug und den
anderen meist gewünschten Auszeichnungen ist an der Thüre nichts
zu sehen, nur ist sie im oberen Drittel mit einem Streifchen Mosaik,
einem Blumenornament auf Goldgrund umzogen. Sie will nicht
aus dem Flachen heraus. Und ein Oberlicht hat sie in Glasmosaik
(eine spassig stilisirte Spinne mit langen, langen Gliederbeinen,
hellblau auf dunkelblau). Überhaupt haben alle Öffnungen solche