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Volltext: Monatszeitschrift II (1899 / Heft 12)

herausgebaut. Es liegt auf der Hand, dass Solches nur im eigenen 
Hause geschehen kann, das Ausziehen mit dieser Einrichtung von 
Combinationsmöbeln wäre zu umständlich. Aber wessen Haus seine 
Burg ist, und wer die Schnecke seines Hauses ist, dem wird dabei 
wohl. Da ist kaum noch etwas Unordnung möglich, da greift auch die 
Hand im Dunkeln nicht fehl, wenn sie den gewohnten Stützpunkt 
sucht; nicht nur das Herz, auch Sopha und Schreibtisch sind auf dem 
rechten Flecke. Das Ergebnis dieses Systems ist ein gesteigertes 
Behagen ; das Gefühl, Sicheres unter sich und um sich her zu haben, 
etwas Angestammtes, mit der eigenen Persönlichkeit Verwachsenes. 
Das hindert nicht, dass allerlei beweglicher Hausrath die Lücken füllt, 
das Princip des „stummen Dieners" geht nicht leer aus. Manches 
Geräth, zum Beispiel ein praktischer Handtuchständer, ein origineller 
Holzleuchter aus zwei faconnirten Brettchen, eine hölzerne Tasse, 
eine elektrische Blume mit vier eigenthümlichen, augenähnlichen 
Kupfermontirungen, Mugeln (cabochons) u. s. f., kommt in verschie- 
denen Räumen vor, nur die Holzsachen jedesmal in der Farbe des 
Zimmers. 
jedes Zimmer ist nämlich eine Farbenwelt für sich; ein Gang 
durch das Haus ist ein Spaziergang durch das Spectrum, aber nur 
durch seine dankbarsten Theile. Täfelung und Holzmöbel haben 
stets die nämliche Farbe, meist gebeizt und polirt, dass rnan an 
die Glanzwirkungen von Halbedelsteinen (Jaspis, Carneol, Malachit, 
Lapis, auch Granit) erinnert wird. Mahagoni ist natürlich als 
Gemeinplatz des Tages verbannt. Der Speisesaal hat helles Eichen, 
dem ein ganz leichter Nebelhauch von Grün imprägnirt ist. Das 
Zimmer des Hausherrn ist dunkelgrün und das Innere der Einbauten 
oder Nischen darin lapisblau, was prächtig zusammengeht. Das 
Schlafzimmer hat ein eigenes röthliches Dunkelviolett, dagegen das 
anstossende Badezimmer elfenbeinweiss schimmerndes Ahorn. Das 
Boudoir der Hausfrau ist in spiegelndem Kirschroth gehalten, die 
beiden Kinderzimmer in röthlich gebeiztem Birnholz und jenem 
pitch-pine (amerikanischer Föhre), in dem auch ein kleines Fräulein in 
Zolas „Fecondite" ihr Stübchen eingerichtet hat. Unter den zahl- 
reichen Fremdenzimmern hat eines ein feingewölktes Flederrnausgrau 
von sozusagen narkotischer Wirkung, andere sind in Grün, Roth, 
Weiss, im Dachgeschoss oben als identische Dachstuben, aber alle 
gleich appetitlich. In einem gastfreien Hause, wo ein Fremdling 
vielleicht nachts sein Zimmer sucht, ist das schätzbar, besonders 
wenn, wie hier, die Doppelthüren auf jeder Seite die Farbe des 
Zimmers tragen, in das sie führen. So kann man nicht unvermuthet
	        
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