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Volltext: Monatszeitschrift II (1899 / Heft 12)

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gleichsam. Es gibt ja solche moderne Ornemanisten, wie Guimard, der 
die geistreiche Horta'sche Formabstraction noch übertreibt. Olbrich 
ist kein Pedant, kein Grundsatzreiter, der sich ein für allemal die Welt 
mit Brettern verschlägt. Er ist österreichisches 
Blut und gesteht den Sinnen mehr Naturfrohheit 
zu, als manche Moderne in trockeneren 
Ländern. Äpfel und Rosen, aber auch andere 
Vegetabilien, sind im Hause mannigfach als 
Zierwerk verwendet, auch als farbiger Fries 
in der Stube des Hausherrn, dann als breite, 
bunte Guirlanden oder vereinzelte Vignetten in 
Flachschnitzerei an Schränken und Betten. Der 
Grad der Stilisirung ist nicht immer gleich hoch. 
Einmal, in der einen Kinderstube, umfasst der 
Künstler das ganze Fenster mit einem Apfel- 
baum, den er flach aus pitch-pine ausschneidet 
und mit allen Zweigen und Laubbüscheln als 
Rahmen um die Öffnung herwachsen lässt. Ein 
andermal schaltet er einen breiten Kasten 
zwischen die beiden Hälften eines bunten Apfel- 
baumes ein. Wobei übrigens zu bemerken, 
dass er trotzdem immer constructiv bleibt. Er 
schrickt sogar vor landschaftlichen Darstellun- 
gen nicht zurück. In jenem Kinderzimmer sind 
alle vier Wände mit einer durchlaufenden, gar 
gemüthlichen Landschaft (von Friedrich König) 
bemalt, in breiten hellen Tonflächen, fast ohne 
Detail, aber doch mit Illusion genug für die 
kindlichen Auffassungen. Da sieht man den 
Hirten mit seiner Heerde gehen, in der auch das berüchtigte schwarze 
Schaf nicht fehlt, und die Bäuerin mit dem Heubündel kommt den 
Pfad entlang, und Mädchen in weissen Kleidern begiessen den Rosen- 
busch oder haschen den Schmetterling, und die Windmühle strengt 
sich an, ihre Flügel zu drehen. Der Künstler hat nicht das Herz, 
Kindern, die schon den Genuss des Bilderbuches kennen, das Bild an 
der Wand zu versagen, wo es bei Regenwetter so wohl thut. Und im 
Schlafzimmer ist ebenso, nur noch naturgetreuer, ein ganzerBirkenwald 
um alle vier Wände gemalt (von Adolf Böhm), leicht und luftig, mit 
silberweissen Stämmen und hellgrünem Laub, durch das ein hellblauer 
Himmel voll weisser Wolkenstreifen weht. Als Sockel dient ihm ein 
grüner Wiesenstreif, aus dem sich bunte Blumenköpfe heben. Am 
 
Villa Friedmann, Seitenlaterne 
an der Freitreppe
	        
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