Otto Wagner, Entwurf einer Kirche für Währing, Grundriss
wacht wird, blos das Gotteshaus allen Unhilden des Zufalls überlassen bleibt? Kein
Variete und kein Concertsaal dürfte heute so sicherheits- und gesundheitswidrig
gebaut werden, wie eine Kathedrale. Mit so wenigen Ausgängen für den Fall einer
Panik, mit Steinboden und Zugluft, unventilirbar und unheizbar, ohne Rettungs-
zimrner, Brunnen, ja selbst ohne Closets. Die Bethäuser in Amerika dürfen sich
das lange nicht mehr erlauben, weil sie sonst ihr Publicum verlieren. Im Wagner-
schen Entwürfe ist selbstverständlich für das Alles gesorgt, ja er geht so weit, dass
er sogar eigene Beichtstühle für Schwerhörige hat und Vorkehrungen trifft, damit
jeder Mensch das heilige Grab sehen könne und dass der Kreuzweg ein wirklicher
Weg sei. Überhaupt ist ihrn Befriedigung des optischen und akustischen Bedürf-
nisses die prakdsche Hauptsache. Hochaltar und Kanzel sind so gestellt, dass die
3000 Menschen, welche die Kirche fasst, sehen und hören können. In seiner
drastischen Weise hat der Künstler in der Erläuterung seines Entwurfes eine Auf-
stellung von Ziffern gemacht, die gleich einer Illustration wirkt. Danach sehen den
Hochaltar in der Karlskirche 69 Procent der Besucher, in der Kirche Maria vom
Siege 49 Procent, in der Breitenfelder Kirche 5972 Procent, in der OttakringerKirche
62 Procent, in Wagners Kirche 921], Procent. Ungefähr ebenso steht es um die