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Volltext: Monatszeitschrift II (1899 / Heft 11)

Leistungen des heimischen Kunsthandwerkes sollten alljährig zu einem Gesammt- 
bilde in diesen Hallen vereinigt, Zeugnis geben von den Fortschritten und 
Wandlungen auf diesem Gebiete des menschlichen Schaffens. So wollten auch 
wir es halten, und Eure Excellenz werden prüfen, inwieweit es uns gelungen ist, 
diesem Ziele näherzukommen. Indem ich Euere Excellenz im Namen des Institutes, 
dem ich vorzustehen die Ehre habe, den ehrerbietigsten Dank für Ihr Erscheinen 
zum Ausdrucke bringe, bitte ichEuereExcellenz, die diesjährige Winter-Ausstellung 
des österreichischen Museums eröffnen zu wollen." 
Hierauf erwiderte Seine Excellenz Dr. Ritter von I-Ianel Folgendes: 
„Eine grössere Ausstellung in diesem I-Iause, auf welches wir stolz zu 
sein ein Recht haben, eröffnen zu dürfen, ist mir, dem derzeitigen Leiter des 
Ministeriums für Cultus und Unterricht, eine willkommene Pflichterfüllung. 
Es verbindet sich aber gerade mit dieser Ausstellung ein starkes sachliches 
Interesse, welches weit hinausgreift über den Kreis der geehrten Anwesenden, 
welche mit reger Aufmerksamkeit die Bestrebungen dieses Institutes zu ver- 
folgen gewohnt sind; denn damit ist die Gelegenheit geboten, wieder einmal 
an reicheren Proben die Früchte seiner ernsten und nunmehr ruhigen Arbeit 
zu sehen, seine Erfolge zu vergleichen und zu prüfen. Die fortschrittliche 
Bewegung aber auf dem Felde kunstgewerblichen Schaffens fesselt heute 
unsere Blicke wie kaum zu einer anderen Zeit und wie kaum eine andere 
culturelle Bewegung. Der mächtigen Entwicklung, welche das Kunsthand- 
werk in allen Culturstaaten genommen hat oder zu nehmen beginnt, hat sich 
auch Österreich nicht verschliessen können. Mochte auch in den Augen 
mancher das, was die neue Geschmacksrichtung hervorbrachte, als Product 
flüchtiger Laune und vergänglicher Nachahmung gelten, immer mehr wurde 
dasselbe als das natürliche Ergebnis einer allen Culturvölkem gemeinsamen 
Entwicklnng auf den Gebieten der grossen Kunst, der Wissenschaft, der 
Technik, sowie des socialen Lebens erkannt und erzwang sich schrittweise, 
wie alles natürlich Gewordene, Verständnis und Anerkennung. Und in der 
That, wer wollte nicht sehen, dass das Kunstgewerbe aus dem Wandel und 
dem Aufschwung der hohen Kunst und der wiederhergestellten innigeren 
Verbindung mit derselben verjüngende Kraft schöpfte und dass die Er- 
weiterung und Vertiefung kunstwissenschaftlicher Betrachtung seinem 
Schaffen neue Quellen erschloss? Indem aber dem österreichischen Museum 
für Kunst und Industrie auf Grund seiner Statuten und nach seinen Tra- 
ditionen die Aufgabe obliegt, durch „I-Ierbeischaffung und Bereitstellung der 
Mittel, welche Kunst und Wissenschaft bieten, die Leistungsfähigkeit der 
Kunstgewerbe zu heben, den Geschmack der Kunstgewerbetreibenden und 
des Publicums zu wecken und so die kunstgewerbliche Thätigkeit zu fördem", 
wurde dasselbe wie von selbst auf neue Bahnen gelenkt und fühlte sich be- 
rufen, als Vorkämpfer neuer Geschmacksrichtungen aufzutreten. Mag man 
nun mit Recht oder Unrecht an seinen Bestrebungen mäkeln oder an seinen 
Erfolgen nörgeln, jedenfalls gebürt ihm das eine Verdienst, die Gleichgiltig- 
keit, mit welcher das Publicum bis vor kurzem dem Kunsthandwerke gegen- 
überstand, gebrochen und warme Theilnahme für jede bemerkenswerte 
Leistung entfacht zu haben; mit dem wiedererweckten Interesse aber stellt 
sich von Tag zu Tag regere Lust, zu kaufen, und erhöhte Freude am 
Schaffen ein.
	        
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