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Volltext: Monatszeitschrift III (1900 / Heft 6)

wie viele gibt es heutzutage, die etwas davon verstehen? Als Skizze war 
das Denkmal (1889) in der schönen und instructiven Collectiv-Ausstellung 
von Rodin und Claude Monet in der Galerie Georges Petit, später ein Theil 
(nur allein die Gestalt des Greises) im Salon von 1895 zu sehen, in welchem 
Jahre das Monument nach manchen administrativen Schwierigkeiten endlich 
in Calais errichtet wurde. 
Der Fall mit dem für das Pantheon bestimmten Denkmal Victor Hugos 
ist nicht weniger erbaulich, des Unverständnisses der officiellen Commis- 
sionen wegen. Anstatt die Gruppe zu besichtigen, die in mittlerer 
Höhe so aufgestellt war, wie sie der Absicht des Bildhauers ent- 
sprechend betrachtet werden sollte, liess sich die in diesem Falle (1890) 
functionirende Commission - ein ganz unglaublicher Vorgang! - eine 
gemalte Studie vorlegen, die auf einen Haufen von Felsblöcken gesetzt 
war, den der Künstler in keiner Weise angedeutet hatte; dank Herrn 
Larroumet, dem gegenwärtigen Director der schönen Künste, wurde Rodin der 
Auftrag vorbehalten, der jedoch aufs neue mit dem Entwurfe anfangen musste. 
Der Poet ist dargestellt, wie er auf einem Felsen am Ufer seiner Insel 
sitzt. Mit in der Ferne verlorenem Blick lauscht er auf die Symphonie des 
Meeres. Drei geschmeidig gestaltete Sirenen erheben sich aus den Fluten 
und umringen ihn, um ihm ihre ergreifenden Weisen zuzuflüstern. Ober ihm 
schwebt eine Iris, die als Botin der Götter ihm die Zukunft enthüllt. 
Ein anderes, für den Jardin du Luxembourg bestimmtes, in Ausführung 
begriffenes Denkmal Victor Hugos, dessen Gypsmodell im Salon 1897 
ausgestellt war, zeigt eine ähnliche Composition. Der Poet sitzt auf einem 
vom Ocean bespülten Felsen, und, während seine ausgestreckte Hand den 
Fluten zu wehren scheint, horcht er auf die erhabenen Stimmen, die sie 
ihm entgegensenden. Diese sind personificirt durch zwei weibliche, durch 
die Wogen herbeigetragene Gestalten; die eine, den Zorn und die Satire 
darstellend, schwebt rufend ober seinem I-Iaupte; die andere, die Stimme 
des Innern und die Betrachtung, richtet sich weich bewegt und schmeichelnd 
hinter ihm auf. Alles dies ist von einer Macht, von einer Fülle strahlenden 
Lichtes umflossen, dass es der Menge, wie zu hoffen steht, wohl mehr 
imponiren wird als alle vor drei Jahren ausgestellten, übrigens zum Theile - 
mit Ausnahme der Gestalt Victor Hugos - unvollendeten Modelle. Die 
beiden Musen, die eine so tragisch und von so originaler Linienführung, die 
andere von so poetischem Liebreiz, die (aber gleichfalls nur als erster 
Entwurf) im Salon 1896 ausgestellt waren, sind zu Rodins persönlichsten 
Schöpfungen zu zählen. Wir hätten an diesem Denkmal nichts auszusetzen 
als die nach unserer Anschauung sehr gewöhnliche Geste des Poeten, der 
sein Ohr gegen die lärmenden Fluten hält. 
Die Schicksale des „Balzac" sind allgemein, selbst im Auslande, 
bekannt. Nach dem Tode Chapus, der ursprünglich mit der Ausführung 
dieser Statue betraut war, erhielt Rodin diesen Auftrag im Jahre 1891. 
Die Statue, nach der Rodin lange Zeit suchte, erschien endlich im Salon
	        
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