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Volltext: Monatszeitschrift III (1900 / Heft 6)

alle andern Statuen weichlich und ausdruckslos modellirt. Ein letztes Monu- 
ment (wir hätten noch von vielen anderen, fertigen oder blos angelegten 
Werken zu sprechen, so von der kleinen, im Schmerze klagenden „I-Iekuba", 
dem „Perseus und der Gorgone", dem „Sieger" der die Siegesgöttin 
festhält, die ihn bekrönt; von einer Büste des „heiligen Johannes des 
Täufers", sodann von seinem Haupte; vom „verlorenen Sohne"; von den 
köstlichen Bronze -Reliefgruppen: „Die junge Mutter", „Bruder und 
Schwester", „Drei tanzende Mädchen"; von dem für Brasilien bestimmten 
Monumente des Präsidenten Sarmiento etc.; aber wir haben uns absichtlich 
nur bei den bezeichnensten Werken aufgehalten"; ein letztes Monument also, 
an dem Rodin gegenwärtig arbeitet und von dem zu wünschen wäre, dass es ' 
wie die „Pforte der Hölle", der es an Grösse, Schönheit und Originalität gleicht, 
ausgeführt werden möge, ist das „Denkmal der Arbeit", zu dem der 
Schriftsteller Armand Dayot die Idee gegeben hat und das er zum Beginn 
des XX. Jahrhunderts sich erheben sehen wollte, als eine Verherrlichung 
der menschlichen Bestrebungen. Rodin war wie dazu geschaffen, sich 
dieses Gegenstandes zu bemächtigen und dessen Verwirklichung zu 
versuchen. Leider wird die Aufgabe, eben so riesig wie die der „Pf0rte", 
Jahre und Jahre in Anspruch nehmen; auf der Ausstellung wird Rodin 
von dem colossalen Monumente nicht mehr bieten als das verkleinerte 
Modell, und einen ausgeführten Theil, der bestimmt ist das Werk zu 
krönen: „Die Segnungen", geflügelt dargestellt, die über die Arbeit die frucht- 
bringende Gnade ausschütten; eine auserlesene Gruppe vollPoesie undAnmuth. 
Die Conception des Denkmals, wie sie Rodin gefunden, ist einfach und 
schön: die Menschheit, die sich durch die Arbeit immer mehr und mehr 
erhebt und läutert, dieses beständige „sursum" ist ihm als eine zum Himmel 
ragende Säule erschienen, an der, wie die historischen Episoden an der 
Trajanssäule, die verschiedenen Classen der Menschheit emporsteigen; die 
Arbeiter der Materie zunächst dem Boden, die der Gedankenwelt zu oberst. 
Durch ein von den Gestalten des Tages und der Nacht, die den verschiedenen 
Arbeiten vorgesetzt sind, flankirtes Thor, dringt man vor bis unterhalb des 
Thurmes; dort, in einem weiten Saale zeigen ausgedehnte Basreliefs, syn- 
thetische Sculpturen von grosser Flächenbehandlung, gemacht, um sie in 
dem in der Krypta herrschenden Halbdunkel lesbarer zu machen, das Leben 
der Arbeiter unter der Erde, der Mineure und der Taucher. Dann beginnt 
der Aufstieg: Es windet sich eine schneckenförmige Treppe um die Säule 
und gestattet auf diese Weise, dass man bis zur obersten Stelle alle Basreliefs 
besichtigen kann, ohne sie dem unten stehenden Beschauer zu verdecken, 
dem sie durch die weiten und leichten Bogengänge sogar in noch stärkerem 
Relief erscheinen. Und das ganze Volk von Arbeitern im Alltagsgewande 
' Man findet die Nomenclatur und die Beschreibung von fast allen Werken Rodins in einem kürzlich 
erschienenen Buche, der bedeutendsten Studie, die dem Künstler bis jetzt geweiht wurde: August: Rodin, 
statuaire, von Leon Maillard. VerötTentlicht in Paris 1899, durch den rilhrigen und intelligenten Kunstverleger 
H. Floury, dem wir für die gefällige Überlassung mehrerer Cliches (drei hieven wurden uns durch die Gazette 
des Beaux-Arts in liebenswürdiger Weise mitgerheilt). die diese Studie zieren, danken.
	        
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