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Full text: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1894 / 12)

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wird der Hinweis auf solche Anforderungen von Nutzen sein, da durch 
ihn die Thatsache constatlrt werden kann, dass manche Verhältnisse, 
welche mit der künstlerischen Schulung gar nichts zu thun haben, die 
schöpferische Kraft in ihrer Entfaltung hindern können. Die Anführung 
eines einzigen Beispieles mag genügen. 
Wer immer an den Zeichner mit der Aufgabe herantritt, den Entwurf 
für eine näher bezeichnete kunstgewerbliche Arbeit in Angriff zu nehmen, 
spricht fast ausnahmslos den berechtigten Wunsch aus, zu wissen, was 
das herzustellende Object kosten dürfte, oder er nennt eine im Voraus 
in Aussicht genommene bestimmte Summe, welche zur Herstellung der 
gewünschten Sache aufgewendet werden kann oder soll. Selbstverständlich 
ist hier nicht etwa von den Kosten des Entwurfes die Rede, sondern 
nur von den Kosten des fertigen Obiectes. lst der Entwerfende zugleich 
der Hersteller des letzteren, so kann es ihm, von der Erfahrung geleitet, 
wohl keine Schwierigkeit bereiten, die gewünschte Auskunft über die 
Höhe der angedeuteten Kosten zu ertheilen. 
Anders steht es, wenn an der Herstellung der geforderten Arbeit 
verschiedene Gewerbetreibende participiren müssen, oder ein Einzelner, 
welcher nicht auch zugleich den Entwurf geschaffen, mit Anwendung der 
verschiedensten Materialen und technischen Verfahren die Herstellung 
besorgt. Ist der Zeichner nicht selbst in der Lage, alles das, was zur 
Effectuirung seines Projectes nöthig, abzuschätzen und zu berechnen. so 
bringen die zu seiner Information nöthigen Verhandlungen mit den aus- 
führenden Praktikern, die oftrnaligen, durch Veränderungen der ursprüng- 
lichen Propositionen verursachten Verzögerungen , die hieraus entspringende 
Vermehrung der anzuwendenden Mühe Schaden und Misslichkeit genug, 
abgesehen davon, dass es auch nicht immer die besten Resultate sind, 
welche erst nach mehrfachen Programmänderungen zu Stande kommen. 
In solchen Fällen soll sich also der Künstler auch als geschäfts- 
mäßiger Rechner zeigen. Dass dies Manchem nicht gelingt, braucht 
nicht durch Beispiele erhärtet zu werden. 
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Was nunmehr in Hüchtigen Zügen über das Verhältniss der Zeichen- 
kunst als solcher zur kunstgewerblichen Praxis gesagt wurde, kann 
selbstverständlich nichts weniger als erschöpfend sein. Doch kann das 
andeutungsweise Vorgebrachte immerhin zeigen, auf welchen oft ver- 
schlungenen Wegen kunstschöpferische Gedanken zur Realisirung gebracht 
werden, wie es zur Schaffung eines tauglichen graphischen Vorbildes für 
ein kunstgewerbliches Erzeugniss außer der vollkommenen Formenkenntniss, 
der mechanisch geübten Kunstfertigkeit und der führenden, nimmer zu 
erschöpfenden Phantasie auch noch einer Reihe anderer Factoren bedarf, 
um ziel- und zweckbewusst der zu lösenden Aufgabe gerecht zu werden; 
Factoren, welche nach der erfolgten Bewerkstelligung einer künstlerischen 
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