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INTERIEURS UND MÖBEL AUF DER PARI-
SER WELTAUSSTELLUNG Sie VON W.
FRED-WIEN 54b
IE Fremden, die jetzt nach Paris zum grossen
Weltjahrmarkt kommen, führt der Einheimische
an einem Abend wohl nach Neuilly. Dort
stehen viele Buden, Harlekin und Colombine
zeigen ihre Künste, und selbst die politischen
Lieder in den Puppentheatem sind wenig
actueller Natur und eher von beschaulicher als
von aufreizender Art. Es ist ein wirklicher
Jahrmarkt. Am Nachmittag findet man sogar
ganz wirkliche Verkaufsbuden, wo conserva-
tive Provinzler ihre Einkäufe besorgen. Dem
Fremden zeigt man diese „Kermesse" als Merkwürdigkeit, vielleicht als
einen letzten Rest jener „gaiete gauloise". Man könnte ihnen auch sagen,
dass ein innerer Zusammenhang besteht zwischen dem theatermässigen
Jahrmarkt von Neuilly und der grossen „World's Fair" zwischen Trocadero
und Champs Elysees. An ein und derselben Linie der Entwicklung liegen
beide Veranstaltungen. Aus den Jahrmärkten und Wochenmärkten haben
sich die Weltausstellungen entwickelt. Es sind nur quantitative Unterschiede
zwischen den localen „Messen", deren Bedeutung ja bis weit ins XIX. Jahr-
hundert hineinreicht, und den grossen Weltmessen, zu denen die Industrie-
Völker seit dem Jahre 1851 berufen werden. Die Hebung des Export- und
Importverkehres - die selbstverständliche Folge der Entwicklung des
Eisenbahnwesens - die auf solche Weise eintretende Theilung der gewerb-
lichen Arbeit unter die verschiedenen, für das eine oder andere Fach besser
befähigten Völker - all das verringerte die Möglichkeit und Nützlichkeit
der Messen. Die leichte Postverbindung, dann die immer verbesserten und
verbreiteteren Reproductionsverfahren machten es in gewissen Industrie-
zweigen möglich, den brieflichen Verkehr an Stelle des persönlichen auf den
Messen zu setzen. Dabei ging allerdings in gewissem Masse die Möglichkeit
einer Übersicht über den Stand der Industrie verloren. Anderseits liess das
stetig wachsende Thätigkeitsfeld der Völker die althergebrachte Einrichtung
der Messen die Entwickelung so weit fortschreiten, bis die äusseren Formen
keine Ähnlichkeit mehr zeigten. Als 1851 die Engländer ihre erste Welt-
ausstellung installirten, da war es noch ein Jahrmarkt im grossen Stil. Die
einzelnen Industriezweige waren nebeneinander installirt, man zeigte die
Producte, die Maschinenhallen führten den staunenden Leuten die Erzeug-
nisse dieser vom zweiten Drittel des Jahrhunderts an sich immer hebenden
Industrie vor. Daneben aber war wie auf jedem Dorfjahrmarkt für Musik und
Kurzweil gesorgt. Erst auf den folgenden Weltausstellungen, insbesondere
der Pariser vorn Jahre 188g und der Chicagoer vom Jahre 1895, ging man