Porzellanvasen mit Email- und Reliefdecor, Bing ä Grßndahl (Kopenhagen)
stimmung der nordischen Natur, ihrer Fauna und Flora wurde mit den einfachen Mitteln
durch einen grosszügigen Decorationsstil zur Geltung gebracht. Immer bildete die Wirkung
einfacher Gegensätze, bald der Formen, bald der Tonwerte, die ohne Härte und doch mit
Entschiedenheit auftraten, das Ziel der Künstler. Auch bei dem ganz weissen Porzellan,
das mit Vorliebe für rein plastische Darstellungen verwendet wurde, kam das Streben nach
Grösse des Stils zum Ausdrucke. Allmählich begann der Drang nach plastischer Belebung
der Flächen in die farbige Decoration Eingang zu finden. Die Pflanzenornamente wurden
anfangs in zarten, später in immer kräftigerem Relief aufgetragen; Durchbrechungen des
Grundes verstärkten die Wirkungen, dazu kamen noch krystallinische Glasuren und Email-
farben von metallischem Glanz.
Mittlerweile war das Eigenthum der Fabrik an eine Actien-Gesellschaft übergegangen;
commerzieller Director blieb Harald Bing (Präsident der Kopenhagener Industrie-
vereinigung), in die künstlerische Leitung trat der Maler M. J. F. Willumsen ein. Diesem
ist hauptsächlich die auüallende Veränderung zu verdanken, welche bei den neuesten
Arbeiten der Fabrik zu bemerken ist.
Wir bringen einige Abbildungen von Objecten, welche derzeit in Paris ausgestellt
sind. Es wird hier einerseits der Beweis erbracht, wie in weissem Porzellan plastische
Compositionen von unzweifelhaft ernster Grundstimmung zur Wirkung kommen können,
anderseits gezeigt, welche Bereicherung die Flächen-
decoration durch plastische Belebung erfahren kann.
Immer mehr bemächtigt sich der unermüdlich vorwärts
strebenden Künstlerschar das Streben nach einer Strenge
und Grösse, welche bisher im Porzellan nicht erreicht
worden ist und entschuldigt manches Experiment, das
sonst unverständlich wäre. Wenn man an die Zeit der
Flora-Danica-Services mit der liebenswürdigen, aber
kleinlichen, von botanischen Gesichtspunkten geleiteten
Decorationsweise zurückdenkt, und sich dann die erfolg-
reichen Bemühungen der im Jahre 1888 gegründeten
„Vereinigung für decorative Künste" in Kopenhagen vor
Augen hält, so muss man zugeben, dass die neuesten
Leistungen in hohem Grade geeignet sind, die Freunde
des dänischen Porzellans rnit Freude und Zuversicht zu
erfüllen; und der Wert solcher Erfolge ist umso höher
anzuschlagen, als heute mehr wie jemals die hervor- „
ragenden Leistungen Einzelner rasch zum Gemeingut, Henkdgemss, Hing ampmhhl
werden der gesammten gebildeten Welt. H. Fischel (Kopenhagen)