Porzellanvasen mit Blumenxnotiven in Relief, Bing ß Gnindahl (Kopenhagen)
IE KUNSTSCHÄTZE ITALIENS. Alles Gute, das Lützows Bearbeitung der
„Kunstschätze Italiens" beim Erscheinen der ersten Auflage nachgeriihmt werden
konnte, dürfte von der nun vorliegenden zweiten," welche Lützows langjähriger Arbeits-
genosse Josef Dernjac pietätvoll und mit sachkundiger Vertiefung in den Gegenstand
besorgt hat, in noch höherem Masse gelten. Es ist ein Prachtwerk, nicht im gewöhnlichen
Sinne, nicht nur der Bilderlust dienend, nur an der Oberfläche haftend, sondern
prächtig ausgestattet und zugleich inhaltlich gediegen, durchaus ernst zu nehmen,
auch ernste Forderungen erfüllend. Vielseitigkeit und weitgehende Gründlichkeit
in gleichmässiger Beachtung der gesammten vorliegenden wissenschaftlichen Erkennt-
nisse ist in unserer Zeit absichtlieher Einspinnung der Fachgelehrten in ängstlich
und engstbegrenzte Specialstudien nur Wenigen Bedürfnis, Lust und überhaupt zu
bethätigen vergönnt. Und gar selten vereinigt sich damit die Gabe flüssiger, anmuthiger, an
sich wertvoller Darstellungsweise, die auch ihrerseits zu fördern vermag. Lützow besass
diese Eigenschaften in hohem Masse. Er hatte reiches Wissen, das er unablässig
revidirte und vermehrte, ein gutes Urtheil in allen ästhetischen Dingen, ehrliche Liebe
zur Sache und vor allem einen feinen litterarischen Geschmack; er war Gelehrter,
liebenswürdiger Causeur und im besten Wortsinne Journalist. Die „Kunstschätze Italiens"
wollen mehr als ein Reisehandbuch und, vom bildlichen Apparat abgesehen, anderes als
der Cicerone bieten, der für das grosse, auch fachlich vorgebildete Publieum' allzu knapp
und wissenschaftlich-trocken ist. Objectiver Schätzung der Spätrenaissance und Barocke
widerstrebte Burckhardt geflissentlich. Lützow, zwar auch eingeschworen auf Früh- und
Hochrenaissance, war doch unbefangen genug, in der Kunstentwicklung vorn Ende des
XVI. Jahrhunderts an keine Verirrung, vielmehr eine natürliche Entwicklung zu erblicken.
Sein Bestreben war, und hierin folgt ihm Demjac in dem von ihm neu bearbeiteten
2. bis 8. Capitel, dem evolutionistischen Gedanken volles Recht in seiner Darstellung
angedeihen zu lassen. Der Schwerpunkt liegt begreiflicherweise auf dem Kunstschaffen
von 1400 bis x56o, aber auch die früh- und spätmittelalterliche Kunst wird liebevoll
behandelt, mit zahlreichen, feinsinnigen Hinweisen auf die organische Vorbereitung der
kommenden grossen Ereignisse, auf die Entwicklung der Formensprache, der Kunst-
empiindung, der Künstlercharaktere. Weniger ausgeglichen und überhaupt kälter und
1' Die Kunstschätze Italiens in geographisch-historischer Übersicht geschildert von Karl von Liltzow.
Zweite vermehrte und verbesserte Auflage nach dem Tode des Verfassers herausgegeben von Josef Dernjac.
Gen, C. B. Griesbachs Verlag.