hält im Abendsonnenschein einen Augenblick am Wege vor der Wiese und
wechselt ein paar Worte mit dem derben Bauernmädchen, das, beide
Hände in die Hüften stemmend, vor ihm steht. Sie trägt die Sichel in der
Linken, ihr Schiebbock mit
dem frisch geschnittenen
Grase steht neben ihr. Ob- '
wohl wir von ihr nur das ver-
loreneProfilsehen, bemerken i
wir auf dem halbgesenkten
Gesichte doch das schämige
Lächeln, das ihre derben
Züge verschönt, und etwas 2
wie ländliche Anmuth liegt I
über der robusten Gestalt. _
Die beiden gemüthlichen
Ackergäule und der lässig l
quer auf dem Handpferde
sitzende Bauernbursche sind 1
Magd. Warum man das Bild
mit Muther eine grosse
realistische „Studie" nennen l
sollte, ist uns nicht klar.
Künstler irgend etwas, i
Beleuchtung, Faltenwurf, ä
eine Stellung oder Ähn-
liches. Hier haben wir es
aber mit einem vollständigen
Bilde zu thun. Mit dem
Realismus aber hat es seine
Richtigkeit : Kalckreuths
Kunst ist echter reifer Realis" Leopold Graf Kalckreuth, Mucki in Bndetracht
mus, der im gleichen
Range steht und die gleichen Rechte hat wie die Phantasiekunst.
Aus dem gleichen Jahre wie das eben besprochene Bild stammt das
Gemälde „Sommerzeitß eine Bäuerin, die mit der Sichel in der Linken und
die Rechte über den gesegneten Leib haltend, am reifen Kornfeld vorüber-
geht. Auf ihren Zügen, die wir im vollen Profil sehen, und in ihrem Gange
liegt Müdigkeit und Ergebung in das Schicksal; die schwere Arbeit, die
Schwüle des Tages und ihr Zustand lasten auf ihr. So schlicht und natürlich
das wiedergegeben ist, man hat den Eindruck von etwas Höherem; mit
unserem Mitleid mischt sich ein Gefühl von Ehrfurcht. Ein ähnlicher
Zug von Poesie geht auch durch die „Ährenleserin" (1894). Max Lehrs