Wir sind eben mitten in der Krisis. Die Technik
zeigt eine andere Form der Schönheit, und gerade jener
Zweig des Kunstgewerbes, der am engsten den tech-
nischen Industrien angegliedert ist, der Eisenguss, die
Schmiedeeisen- und Bronzeerzeugung wird von den
Fabrikanten künstlerisch auf die älteste Manier missleitet.
Man wird noch immer die beste Kunstbronze in
Frankreich finden. Es ist ja allerdings bekannt, dass die
moderne Bronze weit hinter der antiken und auch weit
hinter den Arbeiten des XVI. Jahrhunderts zurücksteht,
allein man wird trotzdem vielen modernen französischen
Erzeugnissen, so denen von Thiebaut das Lob ungemein
exacter und glatter Materialbearbeitung zugestehen
müssen. Die Sujets dieser Kunst- und Zierbronzen sind
allerdings zumeist vieux jeu. Manchmal hat zwar
ein grosser Sculpteur das Modell geliefert - häufig
begegnet man die Namen Falguiere und Fremiet, - aber
da die Herstellung in Bronze fast immer gesondert
V52" und unbewacht vom Künstler selbst geschieht, so ist
' R_ Z,;„„„,„ am das fertige Product schliesslich ein Zwitterding von
. Kunst und Industrie, statt eine einheitliche Frucht des
Kunsthandwerkes zu sein. Schon in jener berühmten Abhandlung des
Benvenuto Cellini, deren Lectüre nicht oft genug empfohlen werden kann,
wird die Forderung nach Zusammenarbeit von Künstler und ausführendem
Handwerker eindringlich gefordert. Guss, Patinirung und Ciselirung, das
alles soll unter dem ständig beobachtenden Auge des Künstlers, wenn nicht
von seiner eigenen Hand geschehen. Die Erfolge solcher Art zu arbeiten
kann man deutlich genug in der französischen Kunstabtheilung bei Vallgreen
und Charpentier, in der österreichischen bei den von Aug. Foerster in Wien
ausgestellten Kleinbronzen von Gurschner und Tereszcuk sehen.
Bei vielen Modellen, die man in der Abtheilung der französischen echten
und irnitirten Bronze findet, ist die Unselbständigkeit der Dessins zu tadeln.
Die einmal von Vallgreen und anderen in die Bronzekunst eingeführte
Schablone der überschlanken Frauengestalt - sehr wirkungsvoll als Contrast
zu der früher allgemeinen plastischen Schönheit, - weiters das Motiv der
aufgelösten Haare als decorativer Übergang zu einer Schale oder Fontaine
wird jetzt von hundert fleissigen Händen immer wieder variirt. Das soll
durchaus nicht immer den Vorwurf der Contrefacon bedeuten, denn der
Ursprung eines solchen Motives ist nie sicher, und die Frage des künstlerischen
Eigenthums darf nicht so eng gestellt werden; ich möchte nur vor der
Unselbständigkeit, dem mühelosen industriellen Ausbeuten einer Form
warnen.
Das Publicum wird müde. Es stellt sich keineswegs, wie manche glauben,
auf diese Art ein Stil heraus, wohl aber eine Manier, die bekämpft werden