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Volltext: Monatszeitschrift III (1900 / Heft 10)

 
Wir sind eben mitten in der Krisis. Die Technik 
zeigt eine andere Form der Schönheit, und gerade jener 
Zweig des Kunstgewerbes, der am engsten den tech- 
nischen Industrien angegliedert ist, der Eisenguss, die 
Schmiedeeisen- und Bronzeerzeugung wird von den 
Fabrikanten künstlerisch auf die älteste Manier missleitet. 
Man wird noch immer die beste Kunstbronze in 
Frankreich finden. Es ist ja allerdings bekannt, dass die 
moderne Bronze weit hinter der antiken und auch weit 
hinter den Arbeiten des XVI. Jahrhunderts zurücksteht, 
allein man wird trotzdem vielen modernen französischen 
Erzeugnissen, so denen von Thiebaut das Lob ungemein 
exacter und glatter Materialbearbeitung zugestehen 
müssen. Die Sujets dieser Kunst- und Zierbronzen sind 
allerdings zumeist vieux jeu. Manchmal hat zwar 
ein grosser Sculpteur das Modell geliefert - häufig 
begegnet man die Namen Falguiere und Fremiet, - aber 
da die Herstellung in Bronze fast immer gesondert 
 V52" und unbewacht vom Künstler selbst geschieht, so ist 
' R_ Z,;„„„,„ am das fertige Product schliesslich ein Zwitterding von 
. Kunst und Industrie, statt eine einheitliche Frucht des 
Kunsthandwerkes zu sein. Schon in jener berühmten Abhandlung des 
Benvenuto Cellini, deren Lectüre nicht oft genug empfohlen werden kann, 
wird die Forderung nach Zusammenarbeit von Künstler und ausführendem 
Handwerker eindringlich gefordert. Guss, Patinirung und Ciselirung, das 
alles soll unter dem ständig beobachtenden Auge des Künstlers, wenn nicht 
von seiner eigenen Hand geschehen. Die Erfolge solcher Art zu arbeiten 
kann man deutlich genug in der französischen Kunstabtheilung bei Vallgreen 
und Charpentier, in der österreichischen bei den von Aug. Foerster in Wien 
ausgestellten Kleinbronzen von Gurschner und Tereszcuk sehen. 
Bei vielen Modellen, die man in der Abtheilung der französischen echten 
und irnitirten Bronze findet, ist die Unselbständigkeit der Dessins zu tadeln. 
Die einmal von Vallgreen und anderen in die Bronzekunst eingeführte 
Schablone der überschlanken Frauengestalt - sehr wirkungsvoll als Contrast 
zu der früher allgemeinen plastischen Schönheit, - weiters das Motiv der 
aufgelösten Haare als decorativer Übergang zu einer Schale oder Fontaine 
wird jetzt von hundert fleissigen Händen immer wieder variirt. Das soll 
durchaus nicht immer den Vorwurf der Contrefacon bedeuten, denn der 
Ursprung eines solchen Motives ist nie sicher, und die Frage des künstlerischen 
Eigenthums darf nicht so eng gestellt werden; ich möchte nur vor der 
Unselbständigkeit, dem mühelosen industriellen Ausbeuten einer Form 
warnen. 
Das Publicum wird müde. Es stellt sich keineswegs, wie manche glauben, 
auf diese Art ein Stil heraus, wohl aber eine Manier, die bekämpft werden
	        
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