von den Freunden der Kunst
verlangen zu können. Es
sieht fast so aus, als müsse
sich eine neue Art der kunst-
geschichtlichen Behandlung
vorbereiten. Denn die Situa-
tion ist doch in der That
eine derartige, dass es nicht
gut möglich ist, an ihren Be-
stand zu glauben.
Bisher haben sich aller-
dings die zwei Disciplinen
der Volkswissenschaft, Na-
tionalökonomie und Kunst-
geschichte, herzlich wenig
' um einander gekümmert.
Aber es kann nicht lange
mehr so bleiben. Und es
wäre gut, wenn die Kunst-
Franz "ßißisißdie geschichte bei Zeiten ein-
sähe, dass sie der volkswirt-
schaftlichen Kenntnisse gar nicht entrathen kann, und dass nur der Kunst-
historiker zu einem Urtheil über die künstlerischen Leistungen des letzten
Jahrhunderts berechtigt ist, welcher gleichzeitig ein guter Nationalökonom
ist. Sonst könnte eines Tages der Fall eintreten, dass die Volkswissenschaft
über die Geschichtsconstructionen und die Selbstherrlichkeit des Geschmacks-
urtheils in den Werken der neuesten Kunstgeschichte zu spotten anhebt.
Mag auch eine Geschichte der Kunst des XIX. Jahrhunderts nach dem
durchdachtesten Systeme zu einem Wunderwerke ästhetischer Logik
zusammengebaut sein oder mag ihr Verfasser mit der geistreichsten
Subjectivität über die künstlerischen Leistungen des letzten Jahrhunderts
zu urtheilen wissen: die Dauer der Wertschätzung eines solchen Werkes
oder doch wenigstens die Geltung seiner Urtheile wird von jedem, der gewohnt
ist, nach den Wurzeln der Dinge zu graben, ausserordentlich kurz veran-
schlagt werden. Solange die Geschichtsbücher der neueren Kunst es völlig
versäumen, den Motiven eines jeden charakteristischen, neu auftauchenden
Kunsttriebes, den Förderungen und Hemmungen seiner Entwicklung bis in
die letzten Wurzeln der physischen und psychischen Existenz einer Zeit
nachzugehen, solange wird und müssen sie dem Nationalökonomen als
phantastische Bauten erscheinen, denen gerade das Nothwendigste fehlt,
nämlich die Grundmauern.
Wie gesagt, es wäre gut, wenn die Kunstgeschichte nicht mehr zögern
würde, die Arbeiten und die Erfahrungen der Volkswirtschaftskunde für
sich zu nützen.
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