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Volltext: Monatszeitschrift III (1900 / Heft 11)

der sich um die Wende 
der beiden Jahrhunderte 
eines gewissen Wohl- 
standes erfreut hatte, 
konnte die Preise der 
gewohnten Genussmit- 
tel nicht mehr auftrei- 
ben. Man mühte sich, 
Vaterländische gelbe 
Rüben an die Stelle des 
Kaffees und getrocknete 
Erdbeerblätter an die 
Stelle des Thees zu 
setzen und sich selbst zu 
überreden, dass der Ge- 
nuss der alte sei. Nuss- 
blätter und Huflattich 
mussten den Tabak 
ersetzen. Aus jeder 
Werkstätte, aus jeder 
Bürgerstube lugte bet- 
telhaftes Elend heraus; 
der Kaufmann hielt 
ängstlich mit jeder Un- 
Fmn, Heim smdie ternehmung zurück und 
wagte es nicht, einen 
einzigen Groschen für nutzlose Dinge auszugeben. Kann man sich darüber 
wundern, wenn die Künste betteln mussten? Man denke an das Goethe'sche 
Wort, dass jede Generation Talente in Hülle und Fülle erzeugt, dass es aber 
von Sonne und Wind abhängt, ob die Talente Früchte bringen können und 
welche Früchte sie bringen. Wäre es nicht recht und billig, wenn die Kunst- 
geschichtsschreibung beim Beurtheilen der Früchte auch ein wenig berück- 
sichtigte, wie sie entstanden, unter welchen Bedingungen sie wuchsen? 
Und vor allen Dingen: wie ist es möglich, den langsamen Aufstieg aus 
der tiefen Erniedrigung der deutschen Kunst zu verstehen, wenn man nicht 
weiss, wie tief sie war und wie steil der Weg aus ihr zu den Höhen, die 
heute erreicht sind? 
 
III 
Seit den Dreissiger-Jahren des XIX. Jahrhunderts bemerken wir eine 
regere und vielseitigere Thätigkeit der Kunst als zuvor. Es werden illustrirte 
Werke für die Familie von den Buchhändlern in Auftrag gegeben, Kunst- 
vereine werden ins Leben gerufen, Ausstellungen veranstaltet, die Presse 
berichtet eingehend über alle neuen Erscheinungen auf dem Gebiete der
	        
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