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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

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EINLEITUNG. 
• I 
von 96‘73 % lebendig und 3"27 % todt i 
geborne. Von den sämmtlichen Gebärerin- 
nen kamen jährlich 1,838 mit Zwillingen 
und 24 mit Drillingen nieder. In den 
letzten 20 Jahren sind 6 mal Vierlinge ge 
boren worden. Es werden mehre Knaben 
geboren als Mädchen (1,058 : 1,000), wel 
ches Verhältniss aber durch eine grössere 
Sterblichkeit im männlichen Geschlecht« auf 
gehoben wird, daher dieses zuletzt an Zahl 
dem weiblichen unterlegen ist. 
Die für die Beurtheilung des sittlichen 
Standpunktes eines Volkes so wichtige Pro 
portion zwischen den ehelich und unehelich 
Gehörnen ist leider in den letzten 100 Jah 
ren in steter Verschlimmerung gewesen und 
ist jetzt 3 mal nachtheiliger als vor 100 
Jahren. In dem letzten Decennium sind 
von 100 lebendig Gebornen 9'57 unehe 
lich, mit 7'55 % für das platte Land und 
23'47 / für die Städte, unter denen Stock 
holm die höchste Ziffer zeigt, nämlich 40 %, 
die während des zunächst vorhergehenden 
Decenniums noch höher war. Dass die Haupt 
stadt in dieser Hinsicht so stark hervorragt, 
hat. seinen Grund nicht allein in einer viel 
leicht etwas grösseren Unsittlichkeit, son 
dern mehr noch in der Möglichkeit, die 
nicht nur besondere Entbindungshäuser, son 
dern auch die grössere Volksmenge derje 
nigen Mutter darbietet, welche ihre Schande 
verbergen will, wesshalb sich annehmen 
lässt, dass eine bedeutende Anzahl der in 
Stockholm gebornen unehlichen Kinder in 
der That andern Gegenden angehört. Dem 
schwedischen Gesetze gemäss kann die 
Schwangere, welche es will, in einem Ent 
bindungshause aller möglichen Pflege ge 
messen, ohne dass sie nöthig hat, nur 
ihren Namen anzugeben. Findelkinder, un 
ter welcher Benennung in andern Län 
dern annahmsweise eine grosse Anzahl von 
unehlichen Kindern verborgen ist, kommen 
in Schweden beinahe niemals vor. Auch 
dürfte anzumerken sein, dass eine bedeu 
tende Anzahl der vor vollzogener Ehe ge 
bornen, hier als unehlich rubricirten Kin 
der durch die nachfolgende Verheirathung 
legalisirt werden. Etwa 10 % der unehli 
chen Kinder sind von Eltern geboren, die 
als verlobt angegeben waren, d. h. welche 
erklärt hatten, dass sie mit einander in ehe 
liche Verbindung treten wollten, ohne dass 
dieses durch die Trauung bekräftigt wor 
den war. Diese Kinder werden dem Ge 
setze gemäss als gleichberechtigt mit ehe 
lichen Kindern befrachtet, zu welchen letz 
teren ' hier nur die von getrauten Eltern 
gebornen Kinder gezählt werden. Unter 
solchen Umständen und mit Kenntniss der 
Steigerung in der Anzahl der unehlichen' 
Kinder, welche sich auch in andern Län 
dern beinahe überall gezeigt hat, dürfte man 
zu der Behauptung berechtigt sein, dass 
Schweden in dieser Hinsicht in keinem un- 
vortheilhafteren Lichte erscheint, als andere 
Länder. 
Das iSterhlichkeitsprocent, welches sich in 
der ganzen Zeit 1751—1810 um 2 - 75 "i 
gehalten hatte, doch mit einer Senkung am 
Ende des vorigen Jahrhunderts, ist seitdem 
in stetem Sinken gewesen und war 1851— 
1860 2-16 fi und 1861—1870 2‘02 %, 
wozu das platte Land mit 1 ‘ 9 3 % und die 
Städte mit 2’62 % beigetragen haben. Durch 
schnittlich sind in der letzten decimalen 
Periode im Jahre 82,233 Personen gestor 
ben ; doch wurde diese Zahl bedeutend über 
schritten in den Jahren 1868 (87,807 Gest.) 
und 1869 (92,775 Gest;), welches ungün 
stige Verhältniss durch die schwachen Ern 
ten in den Jahren 1867 und 1868 erklärt 
wird, welche Scharlachfieber, Masern- und 
Nervenfieberepidemien hervorriefen. 
In den erwähnten 10 Jahren sind 129,18 i 
Personen (15’71 % von sämmtlichen Todes 
fällen) als die Opfer der Epidemien gefal 
len, welche mit sehr verschiedener Schärfe 
auftraten: die Jahre 1861 und 1867 wa 
ren sehr schonend, aber die Jahre 1862, 
1866 und 1869 um so schlimmer. Die 
Epidemien, welche die vorhin erwähnten 
Opfer geheischt haben, sind in der Reihen 
folge: Scharlachfieber (scarlatina) (28,836), 
Nervenfieber (typhus), Masern (morbilli), 
Diphterie (diphteritis), Keichhusten (pertus 
sis), Halsbräune (laryngitis membranacea), 
Blattern (variolte), Cholera (5,522), Diarrhoe 
(diarrhoea), Ruhr (dysentCria), Gehirnfieber 
(meningitis cerebrospinalis), Kindbettfieber 
(febris puerperalis), kalte Fieber (febris in- 
termittens), Kriebelkrankheit (raphania), Zie 
genpeter (parotitis) und Skorbut (scorbutus) 
(113). Die schwersten Cholerajahre sind 
gewesen: 1834 (12,637 Todesfälle), 1850 
(1,81 1), 1853 (8,511), 1854 (1,152), 1855 
(2,302), 1857 (3,771) und 1866 (4,706). 
In den übrigen Jahren ist die Cholera gar 
nicht aufgetreten oder hat nur eine geringe 
| Anzahl getödtet.
	        
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