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Volltext: Monatszeitschrift III (1900 / Heft 12)

 
Detail aus einem der Modell-Kinderzimmer von Cecil Aldin und john Hassal 
Naturen ist, nicht ein Spielzeug der müssigen Classen, nicht aristokratisch, 
sondern durchaus demokratisch - in einem solchen Lande ist die Möglich- 
keit einer hohen Entwicklung der Kunst nur durch systematische Erziehung 
gegeben. Von frühester ]ugend auf muss in dem Kinde das Kunstverständnis 
und das Gefallen am Schönen entwickelt werden, und durch nichts kann 
dieses Ziel besser und sicherer erreicht werden, als durch die Einführung 
der Kunst in die Kinderstube. Damit soll nicht etwa gesagt sein, dass man 
kostbare Bilder und Stiche, venezianische Gläser und Tanagra-Figuren der 
sprichwörtlichen Zerstörungswut des Kindes preisgeben soll. Wohl aber soll 
alles Hässliche und Unstilgemässe aus der Kinderstube strenge verbannt 
sein; das jugendliche Auge soll von allem Anfange an schöne zweckmässige 
Formen und harmonische Farben gewöhnt werden. 
Dies ist in breiten Zügen die Grundidee, welcher die beiden eingangs 
erwähnten Kinderzimmer ihre Entstehung verdanken. Die Illustrationen 
werden zeigen, mit welchem Masse von Erfolg die Idee in praktische Form 
umgesetzt wurde. Was die bildliche Ausschmückung der Räume betrifft, ist 
sie durchwegs mit grossem Geschicke der kindlichen Auffassungsgabe 
angepasst. Hervorzuheben ist vor allen Dingen der Contrast zwischen dem 
unwiderstehlichen Humor, der von den Wänden des Tageszimmers zu Spiel 
und Fröhlichkeit einladet, und der ernsteren, fast träurnerischen Stimmung 
von John Hassalls Schlafzimmerdecoration. Die drei Panneaux „Morgen, 
Mittag und Nacht" mit ihrer trefflichen Wirkung von grossen weissen 
Flächen und leicht verständlichen Linien sind von geradezu rührender Ein- 
fachheit und heben sich famos von der neutral blauen, glatten Tapete ab. 
Glatte Streifen von gebeiztem Eichenholz dienen zur Umrahmung der Bilder 
und sind wieder durch horizontale Streifen verbunden, so dass die Wand in 
regelmässige Felder getheilt wird. Die Betten, Stühle, Waschtisch, Kasten 
und andere Einrichtungsstücke, hier sowohl als auch im Tageszimmer, sind 
aus solidem, unpolirtem Eichenholz hergestellt, mit rnässiger Anwendung 
von Reliefschnitzerei. Kamin und Waschtisch sind mit tiefblauen, glasirten 
Ziegeln ausgelegt, die mit der Tapete und dem braunen Holze wunderschön 
harmoniren. Die Verwendung von Holz für Bettgestelle anstatt der 
herkömmlichen eisernen Betten ist eine Neuerung, die aus hygienischen 
Gründen Bedenken erregen könnte; doch fällt dieser Einwand hier weg, da 
nur die Wände aus Holz gezimmert sind und alle Charnieren und sonstigen 
Beschläge aus Eisen bestehen. Durch diese Combination ist die grösste 
Möglichkeit für decorative Ausschmückung geboten.
	        
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