Detail aus einem der Modell-Kinderzimmer von Cecil Aldin und john Hassal
Naturen ist, nicht ein Spielzeug der müssigen Classen, nicht aristokratisch,
sondern durchaus demokratisch - in einem solchen Lande ist die Möglich-
keit einer hohen Entwicklung der Kunst nur durch systematische Erziehung
gegeben. Von frühester ]ugend auf muss in dem Kinde das Kunstverständnis
und das Gefallen am Schönen entwickelt werden, und durch nichts kann
dieses Ziel besser und sicherer erreicht werden, als durch die Einführung
der Kunst in die Kinderstube. Damit soll nicht etwa gesagt sein, dass man
kostbare Bilder und Stiche, venezianische Gläser und Tanagra-Figuren der
sprichwörtlichen Zerstörungswut des Kindes preisgeben soll. Wohl aber soll
alles Hässliche und Unstilgemässe aus der Kinderstube strenge verbannt
sein; das jugendliche Auge soll von allem Anfange an schöne zweckmässige
Formen und harmonische Farben gewöhnt werden.
Dies ist in breiten Zügen die Grundidee, welcher die beiden eingangs
erwähnten Kinderzimmer ihre Entstehung verdanken. Die Illustrationen
werden zeigen, mit welchem Masse von Erfolg die Idee in praktische Form
umgesetzt wurde. Was die bildliche Ausschmückung der Räume betrifft, ist
sie durchwegs mit grossem Geschicke der kindlichen Auffassungsgabe
angepasst. Hervorzuheben ist vor allen Dingen der Contrast zwischen dem
unwiderstehlichen Humor, der von den Wänden des Tageszimmers zu Spiel
und Fröhlichkeit einladet, und der ernsteren, fast träurnerischen Stimmung
von John Hassalls Schlafzimmerdecoration. Die drei Panneaux „Morgen,
Mittag und Nacht" mit ihrer trefflichen Wirkung von grossen weissen
Flächen und leicht verständlichen Linien sind von geradezu rührender Ein-
fachheit und heben sich famos von der neutral blauen, glatten Tapete ab.
Glatte Streifen von gebeiztem Eichenholz dienen zur Umrahmung der Bilder
und sind wieder durch horizontale Streifen verbunden, so dass die Wand in
regelmässige Felder getheilt wird. Die Betten, Stühle, Waschtisch, Kasten
und andere Einrichtungsstücke, hier sowohl als auch im Tageszimmer, sind
aus solidem, unpolirtem Eichenholz hergestellt, mit rnässiger Anwendung
von Reliefschnitzerei. Kamin und Waschtisch sind mit tiefblauen, glasirten
Ziegeln ausgelegt, die mit der Tapete und dem braunen Holze wunderschön
harmoniren. Die Verwendung von Holz für Bettgestelle anstatt der
herkömmlichen eisernen Betten ist eine Neuerung, die aus hygienischen
Gründen Bedenken erregen könnte; doch fällt dieser Einwand hier weg, da
nur die Wände aus Holz gezimmert sind und alle Charnieren und sonstigen
Beschläge aus Eisen bestehen. Durch diese Combination ist die grösste
Möglichkeit für decorative Ausschmückung geboten.