DIE WINTERAUSSTELLUNG IM ÖSTER-
REICHISCHEN MUSEUM 2-:- VON FRITZ MIN-
KUS-WIENfv
erfüllt
ABEN die Winterausstellungen, die das Öster-
reichische Museum in den letzten Jahren
veranstaltet hat, vornehmlich jenen Punkt des
Programrnes der Musealleitung zum Ausdrucke
gebracht, welcher der angelegentlichen Pflege
der Moderne im Kunsthandwerke gilt, so
bezeichnet die jüngste Winterausstellung einen
. bedeutenden principiellen Fortschritt in der
, Hinsicht, dass sie auch einen zweiten wesent-
lichen Theil des ursprünglichen Programmes
vor Augen führt:
die gleichzeitige
Pflege einer gewissenhaften, in getreuen Copien alter Muster arbeitenden,
streng retrospectiven Richtung. Man darf diese lang geplante, in solchem
Umfange aber zum erstenmale in diesem Winter
bethätigte Action des Österreichischen Museums
darum einen Fortschritt nennen, weil sie sich
keineswegs als hemmende Reaction, sondern
als nothwendige und fördernde Parallelaction
darstellt.
Im Gegensatze zu privaten Institutionen,
denen das unbestreitbare Recht zusteht, im
Kampfe der Geschmacksrichtungen eine ent-
schiedene Parteistellung einzunehmen, darf das
Österreichische Museum als Staatsanstalt und
obendrein als Anstalt, die nicht bloss ideellen
ästhetischen, sondern auch praktischen, wirt-
schaftlichen Zwecken zu dienen hat, auf die
kunstgewerbliche Production umsoweniger einen
einseitigen Einfluss nehmen, je massgebender
dieser letztere überhaupt ist. Eine derartige
Einseitigkeit würde sich vom wirtschaftlichen
Standpunkte aus - in Anbetracht des nicht zu
übersehenden Theiles der Consumentenkreise,
der aus diesem oder jenem Grunde Wohnungs-
ausstattungen retrospectiven Stilcharakters fordert
- aufs entschiedenste verbieten. Aber auch
vom ideellen Standpunkte aus würde sich eine
Anstalt, der, wie dem Österreichischen Museum,
eine gewichtige geschmackserzieherische, cultu-
relle Aufgabe gestellt ist, ein schweres Vergehen
, .
Rudolf Marschall, Faienceügur,
ausgeführt von A. Förster