ein in rother Farbe von einem Holzmodel abgedruckter Legalisirungsstempel zu sehen
ist, ferner drei arabische Holztafeldrucke aus dem IX. Jahrhundert, mit hochinteressanten
Ornamenten. Alle übrigen Beispiele der „Vorstadien des Buchdrucks" stellte das Kupfer-
stich-Kabinet, jene ebenso reiche als wenig bekannte und gewürdigte Sammlung, deren im
Werk befindliche Reorganisation berufen ist, ihr den ihr gebürenden Rang unter den ersten
Kupferstichkabineten zurückzugeben. Die Mitwirkung des Kabinets an der Ausstellung
beschränkte sich diesmal darauf, die Einwirkung des Bilddruckes auf den Schriftdruck und
die ersten Beispiele der Vereinigung beider in den verschiedenen Drucktechniken darzu-
stellen. Es wurde dabei nicht streng chronologisch mit der Erfindung des Typendruckes
abgeschlossen, sondern es wurden auch spätere Beispiele von verschiedenen Reproductioris-
techniken (Kupferstiche, Schrotblätter, Weissschnitte, Teigdrucke) bis gegen das Ende der
Incunabelzeit dargeboten, Techniken, die, unbeeinflusst vom Typendruck, zum Theil
consequente Fortbildungen früherer Stufen darstellen, zum Theil als Vervielfältigungs-
verfahren für Bilddruck einer grossen Zukunft entgegengingen, zum Theil abstarben, ohne
eine künstlerische Blüte erreicht zu haben.
Als eigentlicher Vorläufer und Wegweiser des Buchdruckes muss der Holzschnitt
gelten, dessen älteste zur Ausstellung gelangte Beispiele sicher bis an das Jahr 1400 heran-
reichten. Die ausgestellten Blätter waren nach einem einheitlichen Gedanken angeordnet.
An eine Anzahl höchst alterthümlicher religiöser Bilder ohne jede Schrift waren einige
andere gereiht, auf denen sich in gleichzeitiger Handschrift einige Worte, der Name des
dargestellten Heiligen oder der Text eines kurzen Gebetes oder ähnliches ein- oder unter-
geschrieben zeigte. Statt diese Beischriften auf jedem einzelnen Druck einzutragen, lag es
nahe, die Worte mit in den Holzstock selbst zu schneiden. Dieser Gedanke erschien auf
den zunächst liegenden Blättern bereits verwirklicht. Je weiter herab es in der Zeit geht,
umso reicher und mannigfaltiger treten die Texte auf, sie dringen auf breiten Spruch-
bändern in das Bild selbst ein, bis sie endlich in den letzten ausgelegten Beispielen
geradezu das Übergewicht gegenüber dem Bild gewinnen. Ein letzter Schritt in dieser
Richtung ist es, Text allein in Holz zu schneiden und mehrere solche Blätter, eventuell
combinirt mit Bildblättern, zu Büchern zu vereinigen (Blockbücher). An charakteristische
Beispiele aller dieser Stadien schlossen sich die ersten in Typendruck hergestellten Bücher
an. Die Berechtigung einer solchen systematischen Reihung der Beispiele in einer der-
artigen Ausstellung ist gewiss nicht zu bestreiten, wenn zugleich durch genaue Angaben
auf den Objecten beigelegten Zetteln dem Irrthum von vornherein begegnet wird,
dass die aufgestellte Anordnung etwa genau dem chronologischen Verlauf entspreche.
Gewiss hat vor Erfindung des Typendruckes der Druck geschnittener Schrift in Verbindung
mit dem Bilddruck stattgefunden. Wir wissen aber heute ebenso bestimmt, dass mit jener
Erfindung die Schnittschrift nicht aufgehört hat, sondern dass sie gerade erst jetzt in
lebhafter, aber freilich aussichtsloser Concurrenz bis über das XV. Jahrhundert hinaus
weitergeübt wurde.
Unter den etwa 25 bis 30 ausgestellten l-Iolzschnittbildern befand sich beides, rohe
Handwerksarbeiten, welche nur ganz primitiven Bedürfnissen der grossen Masse entgegen-
kommen konnten, und wirklich hohe, edle Kunstleistungen. So zeigten zwei von den ältesten
Stücken, eine „Ruhe auf der Flucht" und eine „Kreuzigung" (Schreiber 1506 und 657),
die gewiss aus den ersten Jahrzehnten des XV. Jahrhunderts stammen, höchst merkwürdig
wuchtige Formen von einer gewissen decorativen Grösse. Von den späteren soll nur das
herrliche Paar, heilige Barbara (Sehr. 1250) und heiliger Georg (Schr. 145 5) erwähnt werden,
mit ihren lieblichen, gleichsam verklärten Formen und ihren zarten Farben, ferner die in
lebhafterern Farbenglanze erstrahlende Verkündigung (Schr. 55) und vielleicht das schönste
von allen, ein heiliger Jacob (Schr. x 503), von einer so reinen, keuschen ausgereißzen
Stilschönheit, dass man an die Blüte der japanischen Kunst denken muss. Unsere
Künstler haben das wohl begriffen. Bei ihnen hatten diese alten Blättchen einen
vollen Erfolg.