M. H. Baillie-Scott, Salon (Drawing Room) eines Hauses in Crowboruugh
die neue Technik und das neue Leben, den die Franzosen mit vieler Hast
und, wie die Weltausstellung zeigte, mit wenig Gelingen suchten, haben die
Engländer ein Jahrhundert lang - von Chippendale bis zu Newton -
ruhig fortarbeitend, oftmals verzweifelt, immer wieder neu ansetzend, in
Emsigkeit gefunden; Grossbritannien ist ja überhaupt das Land der constanten
Entwicklungen, das Land, wo künstlerische und gewerbliche Probleme in
Ruhe und ohne grosse Geberden gelöst werden.
Man spricht jetzt durch Jahre vom englischen Stil. Damit meint man
natürlich das Neueste. Es denkt aber niemand an die ungemeine Wert-
schätzung, die der Chippendale-Stil bei den Besten des englischen Volkes
geniesst. Übrigens sind ja gerade die schlanken Mahagonimöbel, die man als
den deutlichsten Ausdruck moderner englischer Möbelkunst zu betrachten
im Auslande gewohnt ist, auch nichts weniger als „le dernier cri". Der
Sheraton-Stil ist eine Phase des abgelaufenen Jahrhunderts gewesen. Kein
englischer Möbelarchitekt des Tages denkt daran, seine Bedeutung zu ver-
kennen, keiner denkt aber auch daran, dieselben Formen stetig fort zu ver-
wenden. Der Sheraton-Stil entstand aus den Einflüssen des Empire, eine
französisirende Bewegung, gleichzeitig auch eine Reaction gegen die wuch-
tigere Art Chippendales. Heute ist man sich in London völlig dessen bewusst,
dass Chippendale-Buffets ebenso wie Sheraton-Tische historische Möbel sind,
zwei Pole des Geschmacks. Die Entwicklung von den Siebziger-Jahren an
ging denn auch in zwei durchaus verschiedene Richtungen. Auf der einen
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