245
GRAZER KUNST. Die moderne Kunstbewegung hat einen decentralisirenden und
agitatorischen Charakter, sie richtet sich gegen die überlieferte Führung der trotz
aller Schwankungen des künstlerischen Gewissens
immer wieder in conservativeBahnen einlenkenden
Kunstmetropolen, und sie hat, wie selbstbewusste
Jugend stets, keine Zeit zu verlieren und drängt
und treibt und kämpft, um rasch zum Ziele zu
kommen. Dass Dresden und Darmstadt neben und
über Berlin und München mit Erfolg Herrschaft
zu gewinnen suchen in der Pflege und Vertretung
der nationalen Kunstinteressen, ist hiefür bezeich-
nend; vor zehn Jahren noch hätte das niemand
für möglich gehalten. Dass Prag früher als Wien
zu einer modernen Galerie gelangen wird, hat
tiefere Ursachen als die politischer Erwägung.
Nun tritt auch Graz auf den Plan. Dass in der
steirischen Hauptstadt eine kleine rührige Ge-
meinde auf einem nicht leicht zu bearbeitenden
Boden Verständnis, Liebe und wohl auch Vor-
eingenommenheit für neue und neueste Kunst zu
verbreiten strebt, wussten wir wohl; Wilhelm
Gurlitt, der feurigsten Einer in der Bekämpfung
eingewurzelter Kunstanschauungen, Emil Ertl und
Adalbert v. Drasenovich haben seit Jahr und Tag
in diesem Sinne vorgearbeitet. Aber dass diese
Arbeit schon Früchte gezeitigt hat, ist eine Über-
raschung, auf die man kaum gefasst war. Dicht-
kunst und Musik blühen in der Steiermark seit
langem, der bildenden Kunst hat sie aber bisher
doch nur vereinzelte Kräfte zugeführt. Nun steht
eine ganze Gruppe vor uns, eine Partei, in sich
geschlossen, durch gemeinsame Neigungen und
Abneigungen verbunden, radical und angriffslustig.
Nicht gewinnen will der Grazer Künstlerbund, K. k Fachschule comna dmmpezzov Nomh
was der Zufall ihm in den Schoss wirft, sondern Schränkchen nach einem Enkwurfe aus dem
erobern. Dazu bedarf er eines Organs, das seine Zeichen-Atelier des Österreichischen Museums
1a