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Volltext: Monatszeitschrift IV (1901 / Heft 6 und 7)

 
Traun hatte die einleuchtende Idee, dort 
die wichtigsten Fundstücke aus Ephesus 
aufstellen zu lassen, wo seit 1895 auf An- 
regung des damaligen Unterrichtsministers 
Freiherrn v. Gautsch durch Hofrath Benn- 
dorf Ausgrabungen begonnen wurden und 
jetzt durch das k. k. archäologische Institut, 
unter Leitung des Dr. Rudolf l-Ieberdey, fort- 
geführt werden. Es ist dort ein Grundstück 
von etwa Gojoch, antiker Stadtgrund, erwor- 
ben und durch einen zwei Kilometer langen 
Ableitungscanal so weit entwässert worden, 
dass man nicht mehr wie früher alles aus 
3 Fuss tiefem Grundwasser herausiischen 
muss. Bereits sind vom alten Ephesus bedeu- 
tende Objecte blosgelegt: ein Stück Quai, die 
römische Agora (70 Meter im Geviert), mit 
einer 1o Meter tiefen Säulenhalle umgeben, 
sculpturengeschmückte Propyläen, Prunk- 
bauten am Hafen, darunter ein Thor mit 
drei Durchgängen, ein zweistöckiger decora- 
tiver Strassenabschluss (II. Jahrhundert 
n. Chr.), eine 500 Meter lange und 20 Meter 
. breite Hallenstrasse zwischen Hafen und 
Eine ideale Ofncierswobnung, Kaminverkleidung Theater, das Theater selbst (Zeit des LySi- 
aus d" Vomßlle machos, unter Domiüan umgebaut), ein 
Prachtsaal von 16 : 32 Meter, ein denk- 
malartiger Rundbau von zwei Stockwerken in ganz freiem Stil u. s. f. Das Artemision 
selbst befindet sich ausserhalb des später meerwärts verlegten Ephesus, das nämlich durch 
die Anschwemmungen der Kaystrosniederung seinen Küstensaum verloren hatte, am 
Fusse eines 87 Meter hohen Hügelrückens, der eine mittelalterliche Burg und das Dorf 
Ajasoluk trägt. Die energischen, aber planlosen Grabungen J. T. Woods (1863-1870) 
haben das alles trostlos durcheinandergeworfen. An den plastischen Werken selbst hat 
der Gothenbrand von 262 n. Chr. und frühchristlicher Glaubenseifer sein Zerstörungswerk 
gründlichst gethan. Es ist alles kurz und klein geschlagen, so dass alle nach Wien 
gelangten Gegenstände aus zahllosen Scherben und Brocken zusammengefügt werden 
mussten. Director v. Schneider hat diese Arbeit mit Hilfe des Bildhauers Wilhelm Sturm 
jun. durchgeführt. Die Hauptfigur zum Beispiel wurde aus 234 morschen, durch Schlacke, 
Erde und Oxyde ganz unkenntlich gewordenen Bronzestücken, nachdem sie ausgeglüht 
worden, durch nicht weniger als 180a Schraubstifte förmlich zusammengenestelt, die noch 
verbleibenden Lücken mit Steinkitt gefüllt, eine Arbeit von 11], jahren. In dieser mühsam 
reconstruirenden Weise wurden fast alle diese, zum Theil höchst kostbaren Kunstwerke 
gerettet und gewonnen. Die erwähnte Bronzefigur (r925 Meter hoch) ist ein junger 
Athlet, der mit der strigilis sein linkes Handgelenk glattschabt. Also ein Apoxyomenos, 
aber nicht vom schlanken, eleganten Typus des Lysippischen, sondern noch in früherer 
Weise derber, „polykletischeW, aufgefasst, aber mit starkem praxitelischem Einschlag. 
Letzteres ist auffallend am Kopfe, der übrigens, was lebensvolle Behandlung des Haares 
betrifft, die höchste Meisterschaft bekundet. Die mächtige Entwicklung der Schultern, 
des oberen Rückens, die kraftvolle Bildung der Beine sind überaus wirksam. Das Werk 
ist jedenfalls ein attisches Original aus der Mitte des IV. Jahrhunderts; Repliken 
davon finden sich zahlreich, so in den Uffizien. Noch zwei andere Bronzen sind hoch- 
interessant. Das Obertheil eines Lychnuchos (Lampenträgers) steht sogar an Erfindung
	        
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