26x
stützt durch seinen Realismus die Behauptung Sponsels, dass die Thierliebe
des Königs, die sich unter anderem auch in Thierhatzen aussprach, den
eigentlichen Anstoss zur Herstellung der Thierfiguren gegeben habe. Der
Auerochs ist das Werk eines
ausgezeichneten Künstlers. Ver-
glichen mit der früheren Thätig-
keit der Fabrik steht es isolirt und
als das erste Glied einer langen
Kette von zusammengehörigen
Meisterwerken, die eben Kändler
schuf. Die ungezähmte Kraft des
Stieres, der mit seinen Hufen sich
an den Boden stemmt und ein
Horn dem zu Boden geworfenen
Wildschweine in die Flanken
bohrt, während dieses in letztem
verzweifelten Widerstand sich in
ein Bein seines Besiegers fest-
beisst, dies alles kommt durch-
aus charakteristisch zum Aus-
drucke und in höchst naturalisti- , , B _
SChCf Treue Slfld beide Thiere in johannjoachim Kändler, Bologneser Hündchen
ihrer Körperbildung, in Haltung
und Bewegung wiedergegeben. Vogelbilder führt Kändler auch in seinem
Berichte an, so einen „grossen Adler mit ausgebreiteten Flügeln", das heisst
noch nicht völlig ausgebreiteten, sondern erst gelüfteten, sich ausbreiten
wollenden. Bei diesem Stücke wie allen anderen fällt immer wieder ins
Auge das sorgfältige Studium nach der Natur neben dem richtigen Erfassen
des Gesammteindruckes, kurz das Künstlerische in der Auffassung des
Modelleurs. Dabei sind die Figuren absolut decorativ und keine Natur-
abklatsche. Sie sind förmlich in Porzellan gedacht.
Als weitere gelungene Beispiele dieser Thierstücke nenne ich einen präch-
tigen Uhu mit einer frischerlegten Schwalbe zwischen den Fängen, einen
gelagerten Ziegenbock, einen Pelikan, der mit weit zurückgeworfenem
Schnabel einen Karpfen verschluckt, eine Trappe in ähnlicher Stellung, mit
dem Schnabel in den Federn krauend, einige Schwäne und Pfaue, dann
Papageien, einen krähenden brillanten Paduanerhahn, ein paar köstliche
Affen, voll prächtigem Leben, ein kläffendes bissiges Bolognerhündchen, ein
junger tölpelhafter Bär, der sich die Pfoten putzt, und ein junges Windspiel,
das faul hingelümmelt, mit der erhobenen Hinterpfote sich am I-Ialse kratzt
(„sich flöhet"): alles prächtige, förmliche intim geschaute Thierstücke,
durchaus individuell und vollendet.
Wir schöpfen viel Kenntnis über Kändler aus einer nach seinem Tode
1776 in der „Neuen Bibliothek der schönen Wissenschaften und freien