nur durch die wechselnde Form
und Grösse der unregelmässig
geschichteten rauben Quadern
Charakter erhält. Alles am
Bau ist Handarbeit. Man
verzichtet lieber ganz auf
Schmuckformen, als dass man
die mechanisch hergestellten,
billigen, aber schlecht de-
taillirten Producte der Dampf-
schreinerei und des Terra-
cottafabrikanten aufnimmt.
Vielleicht liegt hierin eine ge-
wisse Übertreibung. Fraglich
erscheint, ob es im Jahr-
hundert der Maschinenarbeit
nothwendig und praktisch ist,
bei solchen offenbar mög-
lichst billig auszuführenden
Bauten sich so ausschliesslich
auf Handarbeit und auf die
farbige Stimmung der Räume
zu beschränkerL Immerhin War Gefäss für Slreuzucker. Silber und Elfenbein,
es für englische Baukunst Cardeilhac, Paris, Pariser Weltausstellung xgoo
ein ungeheuerer Gewinn, dass
sie eben diesen Begriff der harmonischen Stimmung in der Architektur so
gründlich erfasst hat, dass sie auch bei den schlichtesten Nutzbauten ihn
nicht mehr entbehren mag, ihn jeder schablonenhaften Decoration vorzieht.
Das Bauen wird eben, wie Malen und Meisseln, als eine Stimmungskunst
gehandhabt, nicht nur als eine Art „angewandte Formenlehre", über die
so viele continentale Architekten auch heute noch nicht hinauskommen.
Ein Meisterwerk solcher Stimmungsarchitektur ist zum Beispiel die
Rylands-Library in Manchester, erbaut von Champneys, einem der begabte-
sten unter den jungen englischen Baukünstlern. Sie ist in reichster engli-
scher Spätgothik, im „luxurious gothic style" gehalten und erinnert in den
Hauptmotiven lebhaft an einen Entwurf von Wilson für eine Kathedral-
facade. Alle Reize der englischen Collegebauten von Oxford und Cambridge
mit ihren vornehmen, zu feierlicher Andacht bewegenden Hallen, Librarys
und Master Lodges klingen hier wieder. Inmitten nüchterner Geschäftshäuser
fällt die zierliche Backsteinfacade auf mit dem reizend durchbrochenem
Giebel zwischen zwei originellen stumpfen Thürmen und der vorgelagerten
I-Ialle mit reich detaillirtem Portal zwischen ruhigen Ziegelflächen.
Nun durchschreitet man die Vorhalle, die durch enggestellte gothische
Bündelpfeiler und tieffarbig verglaste Spitzbogenfenster etwas unendlich
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