und Schatten märchenhafteDecorationen zu bilden und die Führung des Pinsels
um so weniger zu verheimlichen, als man beobachtete, dass durch Nicht-
verreiben der Töne eine impressionistische Wirkung ganz eigenthümlicher
Art erzielt wurde. Das Zimmer liess die Farbflecken lieben, weil es dazu
beitrug, sie im Auge des Beschauers wieder zu vereinigen. Und je freier der
Vortrag wurde, desto kühner war der Sinn, einfach die Valeurs gegen
einander zu stellen, nicht bloss Licht und Schatten, sondern auch Farbe gegen
Farbe, ein Verfahren, das ebensoviel von Poesie als Wahrheit in sich trug.
Wie hätte sich unsere moderne Malerei je entwickelt, wenn nicht unter
dem Einfluss des Zimmerlichtes? Malte Velasquez in seinen gebundenen
Tönen, weil er der erste war, der fast nur für Private malte? Man kann dies
wunderbare Gegenspiel zu den Niederländern kaum anders erklären. Übte
Rubens seinen kühnen Reflexlichterstil, wie ihn kein Italiener gehabt hat,
weil er sah, wie das alles an der Wand der Paläste zusammenging? Rubens
ist noch zwischen den Zeiten, die modernen Impressionisten haben die
letzten Folgerungen gezogen. Sie setzen sich vor die Natur stets in einer
decorativen Stimmung, weil sie wissen, dass die Natur an sich ihnen nichts
gibt, was nicht sehr uninteressant aussehen würde, und dass sie irgendwie
die Töne, die ihr Auge wahrnimmt, auf reine decorative Einheiten bringen
müssen, um ein gutes Bild zu schaffen. Ein Stück Landschaft mit blauem
Himmel, grünen Bäumen, rothen Dächern können sie so nicht brauchen, sie
müssen aus dem Blau etwas Weisses, aus dem Grün etwas Gelbes entwickeln
und die Dächer stark nachdunkeln. Sie müssen auf den Farbenaccord, der
das Motiv gibt, das ganze Bild stellen, müssen danach hinzunehmen und
fortlassen, dämpfen und erhöhen. Sie sehen einen Teppich von Farben
in die Natur hinein; das Bild, das sie concipiren, ist decorativ geordnet;
die Natur ist nur die Anleitung zur Composition. Alles, was in ihnen
persönlich ist, kommt in dieser decorativen Arbeit heraus und wenn
der Teppich stimmt, so sagt man, die Natur sei überzeugend. Im
Rahmen und an der Wand besteht das Bild die Probe. Ob es bis ins
Tüpfelchen bunt pointillirt ist, ob es im Fleckenstil gemalt ist, ob es
grössere Farbenwerte gegeneinander setzt, ob „Harmonismus", ob „Colo-
rismus", es ist nur ein Dimensionsunterschied, der decorative Sinn für
die Wägung des Valeurs bleibt derselbe. Watteau und Fragonard malten
noch silbern, ihre Decoration war ein Gesammtstil, sie steckten die Bilder in
ein fertiges Präparat, bei andern war dies Präparat braun, heut ist es kein
Präparat mehr, es ist gleich decorative Ingredienz und jedes Bild redet seine
eigene decorative Sprache, jedes ist eine eigene Stilisirung der Natur. Das
decorative Element, einst das Ensemble des Bildes, ist heute ganz der Inhalt
des Bildes geworden. Es gibt kaum eine Malerei von Bedeutung, die nicht
dieses decorative Element in sich trüge, das ihr persönlicher Stil ist. Nicht
bloss Formkünstler, Liniensymbolisten und Archaiker sind decorativ, die
Realisten sind es nicht minder. Man brauchte nur einmal das Modell oder
die Natur eines realistischen Bildes gegen dieses selbst zu halten, um sich