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EDMOND LACHENAL Sie VON FRITZ MINKUS-
WIEN Sie
S ist eine eigenthümliche Erscheinung, dass sich
das französische Kunstgewerbe der Moderne am
entschiedensten und erfolgreichsten gerade auf
einem Gebiete hingegeben hat, von dem man
vielleicht am allermeisten zähes Festhalten an den
alten Traditionen vermuthet hätte: der Keramik.
Kein anderer Zweig des Kunsthandwerks
ist ja in Frankreich in seinen historischen Glanz-
punkten dermassen populär, wie die Töpferkunst.
Das Interesse, das man den Werken Palissys,
den Potterien von Saint-Porchaire, den Fayencen
von Nevers, Rouen, Moustiers, Marseille, den „Faiences revolutionnaires",
den Fabrikaten von Alt-Sevres entgegenbringt, übersteigt weitaus das Mass
des rein ästhetischen und historischen Interesses und ist mit einer starken
Dosis von Nationalstolz gemischt, der manchmal sogar an Chauvinismus
grenzt. Während die kunsthistorische Forschung Frankreichs niemals
Anstand genommen hat, beispielsweise in der Geschichte des heimischen
Möbels, den gewichtigen Antheil hervorzuheben, den deutsche Kunsthand-
werker - Beneman, Röntgen, Weisweiler, Schwertfeger - an der Aus-
gestaltung des Louis Seize-Stiles genommen, hat sie hinsichtlich der Keramik
so manchen Federkrieg geführt, der den „nationalen Gedanken" nicht selten
in recht kleinlicher Weise verfocht: man denke an die vielfachen Versuche,
für die elsässischen und lothringischen Töpfereien des XVIII. Jahrhunderts
ausschliesslich französische Stammbäume zu construiren, oder an die
Hartnäckigkeit, mit der man selbst für die Keramik des fernen Orients
französischen Einfluss nachweisen wollte, indem man trachtete, die
sogenannte „Rhodosware" in die Zeit der Herrschaft französischer Rhodiser
Grossmeister zurück zu datiren.
Dieses lebhafte Interesse an dem geschichtlichen Entwicklungsgange
der heimischen Töpferkunst documentirte sich naturgemäss nicht bloss
theoretisch sondern auch praktisch: während der ganzen zweiten Hälfte
des XIX. Jahrhunderts gab sich vielleicht kein zweites Gebiet der
französischen Kunstindustrie so sehr den Traditionen seiner Geschichte oder
zum mindesten den allgemeinen Überlieferungen der specifisch französischen
Kunstauffassung hin, wie die Keramik.
Diese Auffassung aber ging seit jeher auf äusserste Feinheit des Decors
aus, auf akademisch genaues Abwägen der decorativen Wirkung, vor allem
auf minutiöseste Technik - man möchte sagen auf das Entmaterialisiren
des industriellen Productes durch die Kunst oder doch die Kunstfertigkeit.
Diese Entmaterialisirungstendenz jedoch steht im extremsten Gegensatze
zu dem kunstgewerblich-ästhetischen Dogma der Moderne: die Moderne