stellt alsFundamentalgesetz das Gebot
strengster künstlerischer Wahrheit
auf, fordert in erster Linie Material-
gerechtigkeit, Herausentwicklung der
Decoration aus der Technik.
So verschwindend kleinen Boden
verhältnismässig diese Principien in
Frankreich etwa auf dem Gebiete des
Möbels und derWohnungsausstattung
im allgemeinen gefunden haben, das
Feld der Keramik hat sich ihnen im
weitesten Masse eröffnet.
Diese merkwürdige Thatsache
steht jedoch nur scheinbar mit der
hohen Wertschätzung im Wider-
spruche, die man in Frankreich den
geschichtlichen Überlieferungen der
Töpferkunst entgegenbringt; im Grun-
de erklärt sie sich vielmehr gerade
durch sie. Denn die Bewunderung,
mit der der Franzose auf die grossen
alten Meister der Keramik - insbe-
sondere auf Palissy - zurückblickt,
hat ihn daran gewöhnt, die Töpferei
als eine hohe Kunst anzusehen, in der
er der künstlerischen Individualität
autokratische Rechte einräumt.
In diesem eigenartigen Stand-
punkte, in künstlerischer Hinsicht die
Rechte des Einzelnen in Gegensatz
zu bringen zu den Anforderungen an
die Allgemeinheit, liegt ja eines der
wesentlichsten Charakteristika des
E. Lachenal, Madonna mit Kind, Fayence, modellin
von Mme. de Frurnerie
französischen Nationaltemperaments, das so sonderlich aus Enthusiasmus
und Pedanterie gemischt ist: derselbe Franzose, der ein modernes Möbel
rundweg verdammt, weil es „keinen Stil" hat, wird sich von Laliques
modernstem Geschmeide begeistern lassen, weil es - Lalique ist! Und wie er
sich vor der Einzelerscheinung des genialen Schmuckkünstlers modernster
Richtung beugt, so acceptirt er auch die moderne Töpferkunst, wenn sie
den Stempel des Individuellen trägt.
Die Besucher der Pariser Weltausstellung konnten in der keramischen
Abtheilung Frankreichs beurtheilen, wie reich die französische Töpferkunst
an derartigen Individualitäten ist; das Wiener Publicum hatte vor kurzem
im Österreichischen Museum Gelegenheit, in einer reichhaltigen, den ganzen
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