schreitend gelangt man an ein grosses Thor, das Portal der Ausstellung.
Ein Zaun mit vielen Placaten grenzt dieselbe ab, nur die schöne russische
Kapelle liegt innerhalb des Bereiches der Ausstellung als fremdartiger Bau,
alles Übrige ist der Colonie gewidmet.
Was einem bei dem ersten Gang durch die Colonie an Architektur
auffällt, stammt fast ohne Ausnahme von J. M. Olbrich, nur das Haus des
Professors Peter Behrens ist nicht von ihm, sondern von Behrens selbst
entworfen und erbaut. Es ist also nicht Parteinahme, wenn vor allem von
den Bauten Olbrichs gesprochen wird."
Zuerst betrachtet man natürlich die Ausstellungsarchitektur. Und da
ist das Seltsame zu constatiren, dass Olbrich, dem man sonst zwar
nicht immer Constructives, aber jederzeit graciösen Einfall zugestehen
musste, hier versagt hat. Das Äussere seiner Kioske, des Blumenhauses,
der Gemäldegalerie - der Katalog sagt „Haus für Flächen-Kunst" -
sind verunglückt. Zu seinem und seiner Kunst Glück hat der Künstler
eine Wandlung zum Constructiven mitgemacht. Deshalb sind seine Wohn-
häuser in Darmstadt so gut, deshalb seine flüchtigen, wie aus Aquarell-
skizzen geborenen Holzbauten mit allerlei Bemalung und rein decorativem
Facadenornament so schlecht. Da ist zum Beispiel das Blumenhaus, das
innen ganz wundervolle Arrangements von Blumen in Verbindung mit
Bronzen enthält, von aussen unsympathisch, ohne Rückhalt in der Be-
deutung; man wundert sich immer mehr, wie Olbrich, der so gerne das
Sinnige, den innerlichen Zusammenhang von Form und Benützungszweck
betont, für Blumen einen Raum schaffen konnte, der durchaus nicht auf die
zarte poetische Innenwirkung vorbereitet, sondern eher für jede andere
Verwendung bestimmt scheint.
Ebenso erscheint mir der dreieckige, allzu grossflächige Bau der
Gemäldegalerie verfehlt. Die Holzcurven, die rechts und links, angeblich
als constructive Stützen aus den Seitenwänden herauswachsen, geben
dem Bau die Form eines Wracks. In erfreulichem Gegensatze zu
diesen verfehlten Bauten stehen die festen, sozusagen für die Ewigkeit
bestimmten Werke. Da ist es nun merkwürdig, zu beobachten, dass
dem Künstler gerade jene Häuser am besten gelungen sind, von denen
man einen innigen Zusammenhang mit der Landschaft verlangt: die
Wohnhäuser.
Steht man auf dem Abhange, der sich vom Ernst Ludwig-Haus, dem
gemeinsamen Arbeits- und Repräsentationshaus der Colonisten, zum Gebäude
für Flächenkunst herab erstreckt, so hat man rechts und links in freier
Anordnung das farbige Haus Christiansen, die beiden Häuser Glückert, dann
das Haus Habich, Haus Keller und, etwas nach der Tiefe des Raumes zu
abgelegen, das Haus Deiters, diese alle ganz weiss. Alle diese kleinen
Familienhäuser fügen sich trefflich in die sanfte Landschaft. Es kam dem
"' Die Abbildungen 0lbrich'scher Arbeiten sind dem schönen Tafelwerke entnommen, dessen x. und
2. Lieferung im Verlage von E. Wasmuth in Berlin soeben erschienen ist.